Intelligentes Wartungsmanagement: Wie KI und Digitalisierung den Transport effizienter machen

Er denkt und managt sich selbst: Preventive und Predictive Maintenance sind die beiden Schlüsselbegriffe, die den Weg zu einem zeitsparenden und kosteneffizienten Wartungsmanagement aufzeigen sollen. Essenziell ist dabei die Digitalisierung, die intelligentes Wartungsmanagement möglich macht. Kommt KI dazu, heißt die nächste Stufe „preventive“. Dann bucht das System Wartungstermine ganz allein (von Thore Bakker).

Fuhrpark: Er denkt und managt sich selbst. Das Wartungsmanagement gehört zu den wichtigsten Aufgaben, die über die Kosteneffizienz des Transports entscheiden. (Bild: BPW; Thore Bakker)
Fuhrpark: Er denkt und managt sich selbst. Das Wartungsmanagement gehört zu den wichtigsten Aufgaben, die über die Kosteneffizienz des Transports entscheiden. (Bild: BPW; Thore Bakker)
Redaktion (allg.)

Fahrzeugbetreiber stehen unter einem hohen Druck: Enge Zeitpläne müssen auf Touren quer durch Europa eingehalten werden, der Preiswettbewerb ist hoch und der Konkurrenzdruck enorm. Nichts ist im Transport so teuer wie ein Fahrzeug, das in der Werkstatt steht, defekt am Straßenrand liegen bleibt, Bußen wegen mangelnder Wartung kassiert oder schlimmstenfalls einen Unfall verursacht. Die Betriebskosten und das Ausfallrisiko der Fahrzeuge müssen daher so gering wie möglich gehalten werden. Nur wenn der Trailer rollt und bestmöglich ausgelastet ist, wird Geld damit verdient.

Das Wartungsmanagement gehört deshalb zu den wichtigsten Aufgaben, die über die Kosteneffizienz des Transports entscheiden – aber es ist zugleich eine der kompliziertesten: Gesetzliche Prüfvorschriften, Wartungspläne der Hersteller oder auch Status- und Störmeldungen der Fahrzeuge selbst müssen stets unter Kontrolle bleiben, Wartungen geschickt terminiert und sorgfältig dokumentiert werden.

Status quo beim Wartungsmanagement

Für die Zugmaschine ist das heute schon wesentlich einfacher umzusetzen. Denn die Serviceintervalle und -Informationen für die ziehende Einheit des Lastzugs werden von den Herstellern in digital verarbeitbarer Form zur Verfügung gestellt und sind im Bordcomputer enthalten. Spediteure können diese Informationen also recht einfach in ihre Flottenmanagementsysteme integrieren. Beim Trailer sieht das anders aus: Hier herrscht bisher noch Papier-Zeit.

Die Wartungsinformationen für den Trailer stehen in der Regel nur ausgedruckt oder als PDF zur Verfügung. Und das, obwohl der Transport „hinten“ stattfindet und ein unvorhergesehener Ausfall für den Spediteur weitreichende Folgen hat: Die Lieferung kommt zu spät, Ware muss unterwegs auf einen anderen Trailer umgeladen werden oder könnte schlimmstenfalls sogar verderben. Für den Fuhrparkmanager ein extrem hoher Aufwand, den Überblick zu behalten und die Wartungs- und Instandhaltungstermine seiner Flotte zu koordinieren und zu organisieren.

Werkstattaufenthalte planbar machen

Gerade die Komplexität des Wartungsmanagements – aufgrund der meist heterogenen Fuhrparks – eignet sich ausgezeichnet für die Digitalisierung. Richtig organisiert und vernetzt, lassen sich Effizienzgewinne erzielen, die erfolgsentscheidend sind. Preventive- und Predictive-Maintenance-Lösungen können die Ausfallzeiten der Fahrzeuge reduzieren, das Wartungsmanagement zeitsparender und kosteneffizienter machen. Insbesondere Predictive Maintenance liefert Antworten auf die entscheidende Frage: Wann wird der Trailer voraussichtlich ausfallen? Mit diesen Informationen kann die Wartung und Instandhaltung exakt geplant werden, noch bevor es zum Stillstand kommt.

Der Weg zum digitalen Wartungsmanagement

Damit das möglich ist, müssen im ersten Schritt die Wartungsinformationen für den Trailer in digital verarbeitbarer Form zur Verfügung gestellt werden. BPW hat das bereits für zahlreiche seiner Trailer-Fahrwerke und Komponenten getan. Sie sind zum Beispiel im Cargofleet 3 Portal des europäischen Marktführers für Transporttelematik – Idem Telematics – hinterlegt.

Die Telematikspezialisten haben ihre systemoffene Plattform um ein intelligentes Wartungsmanagement für Trailer, Vans, Wechselbrücken und Zugmaschinen erweitert, das den Weg zur KI-gesteuerten Preventive und Predictive Maintenance bahnt: Ein digitaler Wartungskalender erinnert an anstehende Termine per E-Mail und erfasst Wartungsarbeiten in einer digitalen Fahrzeugakte.

Neben der manuellen Eingabe von Prüf- und Wartungsinformationen ist es möglich, die vom Fahrzeug- oder Komponentenhersteller digital zur Verfügung gestellten Wartungsinformationen – wie die von BPW – über entsprechende Schnittstellen ins Portal zu integrieren: Dann genügt die Eingabe der VIN- oder der Komponentennummer, um sämtliche Daten sekundenschnell in Cargofleet 3 einzupflegen.

Zukünftig entscheiden aber nicht allein starre Wartungstermine oder Kilometerleistungen, sondern zunehmend Sensoren und intelligente Algorithmen darüber, ob und wann Fahrzeugkomponenten gewartet werden müssen. Ein gut organisiertes Wartungsmanagement bringt also nichts, wenn das Fahrzeug die relevanten Informationen nicht liefern kann. Unter dem Motto „Born digital“ hat BPW daher frühzeitig damit begonnen, von der Achse bis zur letzten Schraube sämtliche Komponenten seiner Trailer-Fahrwerke mit einer digitalen DNA zu versehen: Sie begleitet den gesamten Lebenszyklus des Trailers von der Konstruktion und Produktion über den Alltagseinsatz bis zur Wartung und Ersatzteilversorgung. Nun wird diese digitale DNA zu künstlichem Bewusstsein erweckt.

So denkt der Trailer der Zukunft

Schon heute können unter anderem die Betriebsdaten zu Bremsfunktion, Bremsbelagverschleiß, Achslast und Reifenluftdruck der neuen BPW Fahrwerksgeneration iC Plus ausgewertet und mit den vorgeschriebenen BPW Wartungsintervallen abgeglichen werden. Darauf basierend schlägt das Cargofleet 3-System bedarfsgerecht den optimalen Zeitpunkt, Ort und qualifizierten BPW Servicepartner für die Wartung vor und erfasst sämtliche Arbeiten am Fahrzeug in einer digitalen Fahrzeugakte. Doch das ist erst der Anfang.

KI-gestütztes Wartungsmanagement entlastet

In Zukunft sollen Fuhrparkmanager im Cargofleet 3-Portal mit einem Klick Werkstatttermine auch entlang der aktuellen Tour vereinbaren können: Das System bucht dann den Termin beim Servicepartner und übermittelt die Ersatzteilliste, damit zuverlässig die richtigen Ersatzteile in der Werkstatt vorliegen.

Davon profitieren auch die Werkstätten: Fehlbestellungen, lange Lieferzeiten oder eine umfangreiche Lagerhaltung von Ersatzteilen gehören so der Vergangenheit an. Wenn der Trailer sich dank KI zukünftig selbst managt, wird die Kosteneffizienz im Fahrzeugbetrieb gesteigert und der Fuhrparkmanager entlastet. So bleibt mehr Zeit für andere, wirtschaftlichkeitssteigernde Aufgaben.

Künstliche Intelligenz

Ein wesentlicher Vorteil von künstlicher Intelligenz ist die Fähigkeit, aus einer für den Menschen unüberschaubaren Datenmenge Muster zu erkennen und daraus Schlüsse zu ziehen. Diese Eigenschaft nutzen BPW Ingenieure, um künftig noch mehr Informationen aus dem Fahrwerk zu gewinnen, ohne es komplizierter zu machen: Dazu wurden Forschungsfahrzeuge regelrecht mit Sensoren gespickt – und diese nach und nach durch Rechenmodelle ersetzt. Dabei griffen die Entwickler auch auf die Daten von zahlreichen Fahrzeugen zurück, die weltweit im Einsatz sind und mit einer speziellen Black Box ausgestattet wurden. Das Ergebnis: Das Fahrwerk wird intelligenter, bleibt aber unverändert robust und wartungsfreundlich.

Der Autor

Thore Bakker, General Manager Trailer Solutions and Mobility Services BPW bei Bergische Achsen in Wiehl. In dieser Funktion verantwortet er den Gesamtvertrieb (Erstausrüstung und Originalersatzteilmarkt), Produktmanagement und Controlling. Zuvor war er in verschiedenen Tätigkeiten bei der Daimler AG beschäftigt, zuletzt als Leiter Internationaler Vertrieb Fleetboard Telematik. Seine berufliche Laufbahn begann Thore Bakker 2003 als Qualitätsmanager in der zentralen Transportlogistik der Daimler AG.


Dieser Artikel wurde ursprünglich im Magazin VISION TRANSPORT Ausgabe 2023 veröffentlicht.