Diesel rehabilitiert

Mit einem erneuerten Antrieb, der sauber, effizient und kraftvoll agiert, sowie wertigerem Interieur schicken die Rüsselsheimer den Movano in überzeugender Form auf die „letzte Meile“.

 Bild: J. Reichel
Bild: J. Reichel
Johannes Reichel

Der Diesel ist tot – lang lebe der Diesel! Zumindest wenn er so schnurrt und zieht wie dieses laufruhige und vibrationsarme Renault-Aggregat im Movano, wird er auf Autobahnstrecken oder weitläufigen Überlandliefertouren noch lange erste Wahl sein. Ausgestattet mit 180 PS, einem Biturbo-System und Abgasreinigung per SCR-Kat sowie Rußpartikelfilter, ist die 2,3-Liter-Maschine auf den neuesten Stand gebracht worden, der da heißt: Euro 6d-Temp.

Damit sollte man einstweilen für alle etwaigen Umweltzonen gewappnet sein und kann auch sonst einigermaßen guten Gewissens die Rentabilität der Elektromobilität abwarten. Denn nicht nur, dass der upgedatete Selbstzünder den frontgetriebenen, stattlichen L3H2-Testwagen flott auf Touren bringt und auch aus niedrigsten Drehzahlen um 1.000/min bärig und brummfrei durchzieht, er befleißigt sich auch sehr kultivierter Trinksitten. Mit 7,8 l/100 km kamen wir über die hügelige, aber wie immer ökonomisch gefahrene Testrunde von München in die Hallertau und retour.

Selbst in der City sparsam

Doch auch die anfängliche City-Etappe über 17 Kilometer mit 40 Stopps quittierte der Movano nicht mit Spritzuschlag: 7,9 l/100 km, optimiert von einer reaktionsstarken Start-Stopp-Anlage, sind ebenso wie der Landstraßenverbrauch ein top Wert für das mit 800 Kilogramm auf 3.135 kg beladene, somit in leerem Zustand stämmige 2,33 Tonnen schwere Fahrzeug. Überland hungert sich der souveräne Antrieb sogar auf 7,2 l/100 km runter. In Anbetracht von 400 Nm Drehmoment greift man selten zum jetzt präziser geführten, griffigen Knauf des Sechsganggetriebes, das mit der langen obersten Stufe insofern bestens klarkommt.

Die moderat temperierte Autobahnetappe schließt der Movano dann konsequent mit 8,2 l/100 km ab. Dazu gesellt sich ein adäquater und jedenfalls glaubhafter AdBlue-Verbrauch von 0,5 l/100 km, mit einer gewissen Ungenauigkeit aufgrund der wie immer an der Säule nachgetankten geringen Menge. Laut Werk würde der Großraumtransporter mit der 22-Liter-AdBlue-Reserve etwa 12.000 Kilometer weit reichen, ohne den zur NOx-Reduktion unabdingbaren zweiten Betriebsstoff nachzutanken. Apropos „reicht weit“: Mit 40.000 Kilometern Serviceintervall hebt Opel hier das Niveau und senkt die Kosten, ohne ganz zum Besten der Branche, Ford Transit mit 50.000er-Intervall, aufzuschließen. Weit kommt man auch in anderer Hinsicht: Ein 80-Liter-Dieseltank ist mittlerweile fast eine Rarität. Wahlweise kann man 105 Liter bunkern.

Bei dem leisen Motor fallen auf der Autobahn allerdings die deutlich vernehmbaren Windgeräusche umso mehr auf. Dafür bleibt sich die mittlerweile fast zehn Jahre alte Konstruktion des Renault Master in Sachen Handling treu: Der mit langem Radstand gesegnete Transporter hält stur Spur. Sollte ihn heftigerer Seitenwind erfassen, hilft jetzt der serienmäßige Seitenwindassistent.

Ansonsten hat der Hersteller eine nützliche Rückfahrkamera mit Innenrückspiegeldarstellung, einen trotz exzellenter Spiegel mit Weitwinkel nützlichen Totwinkelassistent sowie passiven Spurassistenten (optisch und akustisch) ergänzt, hält aber sonst Distanz zu den neuen Assistenztechnologien wie Abstandstempomat, aktiver Spurassistent oder Querverkehrswarner. Für dieses Package ist die Konstruktion dann doch zu alt, das bleibt dem Nachfolger vorbehalten. Den darf übrigens Opel nach der Trennung von Renault bei den 3,5-Tonnern federführend für die PSA-Gruppe in Rüsselsheim entwickeln.

Toll gemachtes Interieur

Der langgestreckte Radstand sorgt in der Stadt aber auch dafür, dass der Movano einen riesigen Wendekreis aufweist. Zudem macht hier die auf der Landstraße vorbildlich präzise, aber bei viel Manövrierarbeit doch etwas schwergängige Lenkung zu schaffen. Es entsteht ein eher unhandliches Fahrgefühl, das können Transit, Crafter und Sprinter besser. Die bieten auch einen verbindlicheren Federungskomfort, während der Movano nur lange Wellen passabel verarbeitet, bei Schlaglöchern aber stößig und hoppelig wirkt und zum Poltern neigt. Weich statt straff agiert dagegen die Betriebsbremse, die etwas luschig anspricht und knackiger reagieren könnte, deren Wirkung aber sonst tadellos kräftig ist. Zudem hat der Hersteller die früher traditionell knisterige Trennwand in den Griff bekommen, die gut eingepasst und wahlweise isoliert Position hält.

Überhaupt war das Interieur einer der Schwerpunkte beim jüngsten und letzten Update. Die schon immer geräumige und gut durchschreitbare Kabine wirkt jetzt von den Materialien und vom fast teutonisch-strengen Design her deutlich wertiger. Die Ablagen sind nun merklich praktischer, die Ergonomie besser, die Instrumente klarer. So bringt man etwa auch ein Full-Size-Handy bestens unter, samt Möglichkeit zum induktiven Laden. Ein Highlight sind die Becherhalter sowie das gigantische, aktentaugliche Handschuhfach, der neue Ausziehtisch auf der Beifahrerseite oder der Officetisch in der Rückenlehne des Beifahrersitzes sowie die kleine Höhle unter der Sitzbank.

Überhaupt haben die Sitze an Qualität zugelegt, sie wirken nicht mehr so weich, im Gegenteil jetzt ziemlich straff gepolstert. Es gibt optional eine luftgefederte Version. Grundsätzlich würde etwas mehr seitliche Kontur nicht schaden, wobei man andererseits schnell vom Sitz in den Ausstieg rutscht.

Mittig gibt es jetzt ein schön simples 7-Zoll-Touchscreen-Navi, das die wichtigsten Funktionen aufbietet und natürlich per Kabel Apple-CarPlay- und Android-Auto-kompatibel ist. Die hübschen Lüftungsausströmer machen präzise Wind. Die Regelung mit den kleinen Tasten statt Drehrändeln stellt allerdings eher einen Rückschritt dar.

Dass Opel zum Gesamtpaket der Serienausstattung noch ein LED-Tagfahrlicht, die Funkfernbedienung, Regen- und Lichtsensor sowie Bluetooth-Radio und USB-Anschluss spendiert, zeugt ebenso von Praxissinn wie die Ausstattung des Laderaums. Den entert man nicht nur wegen der niedrigen Ladekante des Fronttrieblers leicht, sondern auch dank gut platzierter Griffe und „bärentatzentauglicher“ Bügel.

Wahlweise gibt es eine obligate LED-Beleuchtung, die zu jeder Tageszeit für Durchblick sorgt, die Ladung lässt sich mittels zahlreicher und solider Zurrringe gut sichern. Der Seitenflügel öffnet scheunentorweit, am Heck stellen solide Bügel festen Sitz in 270-Grad-Position sicher. Allerdings könnten die Portale leichter öffnen und durch die Führung gleiten.

Das sind letztlich Details und Mäkeleien an einem grundsoliden Konzept. Das erhielt rechtzeitig ein Update, um fit zu sein für seine „letzte Meile“. Johannes Reichel

Fazit

Johannes Reichel, Profi-Tester: 
Respekt, die Renault-Entwickler haben aus der angejahrten Konstruktion noch mal alles rausgeholt. Der Movano mag nicht den letzten Schrei an technischer Finesse bieten. Dafür macht er ein bodenständiges, effizientes Angebot, das vor allem preislich viele Kunden ansprechen dürfte. Für den Moment geht das in Ordnung. Der nächste Schritt muss dann elektrisch, vernetzt und teilautonom sein.