Bosch bündelt Software- und Elektronikbereiche

Der neue Geschäftsbereich Cross-Domain Computing Solutions mit 17.000 Mitarbeitern entsteht derzeit.

Im Fokus des neuen Bosch-Geschäftsbereich: Steuergeräte für Autos. (Foto: Robert Bosch GmbH)
Im Fokus des neuen Bosch-Geschäftsbereich: Steuergeräte für Autos. (Foto: Robert Bosch GmbH)
Claus Bünnagel

Das Auto wird derzeit vor allem durch Software und Elektronik verändert. Bis zum Jahr 2030 soll der Markt für softwareintensive Elektroniksysteme jährlich um rund 15 % wachsen. Bosch will in diesem Markt seine führende Rolle ausbauen und gründet dafür mit „Cross-Domain Computing Solutions“ einen neuen Geschäftsbereich. Bestehende und neue Kunden erhalten von den rund 17.000 Mitarbeitern der neuen Einheit ab Anfang 2021 Elektroniksysteme und die dazu passende Software für alle Fahrzeugbereiche. 

Bereits in heutigen Autos stecken rund 100 Mio. Zeilen Software-Code. Die Zukunft der Mobilität kann nur gestalten, wer über umfassende Elektronik- und Softwareexpertise verfügt. (Dr. Stefan Hartung, Geschäftsführer der Robert Bosch GmbH und Vorsitzender des Unternehmensbereichs Mobility Solutions)

Komplexität in der Fahrzeugentwicklung steigt rasant

Der Trend zu einer immer anspruchsvolleren Elektronik sowie immer mehr Software beschleunigt sich zunehmend. In Folge steigt die Komplexität in der Fahrzeugentwicklung erheblich an. Ziel des neuen Geschäftsbereichs ist es, diese Komplexität mit übergreifenden Software- und Elektroniklösungen zu reduzieren. Zudem sollen neue Fahrzeugfunktionen künftig deutlich schneller auf die Straße kommen. Dafür führt das Unternehmen Mitarbeiter aus der Software-, Elektrik- sowie Elektronikentwicklung aus den Bereichen Fahrerassistenz und automatisiertes Fahren, Car Multimedia sowie Antrieb und Body Electronics in der neuen Einheit zusammen.

Bosch ist ein Pionier in der automobilen Elektronik und längst auch ein Softwareunternehmen. Wir sind prädestiniert, die Digitalisierung von Fahrzeugen in unserem neuen Bereich auch in Zukunft erfolgreich voranzubringen. (Hartung) 

Software spielt Schlüsselrolle 

Hatte ein Auto vor zehn Jahren noch rund 10 Mio. Zeilen Software-Code, wird die Software von automatisiert fahrenden Fahrzeugen zwischen 300 und 500 Mio. Codezeilen umfassen. Zur Einordnung: Alleine 1 Mio. Zeilen Code entsprechen rund 18.000 gedruckten Textseiten.

Software bestimmt künftig maßgeblich die Fähigkeiten und Eigenschaften von Fahrzeugen. Sie sorgt dafür, dass Autos immer smarter werden und liefert Autofahrern einen erlebbaren Mehrwert. (Harald Kröger, Geschäftsführer in der Mobilitätssparte der Robert Bosch GmbH)

Der aktuelle jährliche Invest von Bosch in Fahrzeugsoftware beträgt 3 Mrd. Euro. Die traditionelle Softwareentwicklung in einzelnen, voneinander unabhängigen Bereichen gerät jedoch zunehmend an ihre Grenzen. Daher bündelt Bosch bei Cross-Domain Computing Solutions seine Kräfte in der automobilen Softwareentwicklung. 

Software aus einer Hand zu liefern, ist unsere Antwort auf die immense Herausforderung, Autos immer stärker zu digitalisieren. (Kröger)

In dem neuen Geschäftsbereich werden künftig sowohl die Basissoftware der Fahrzeugcomputer und Steuergeräte als auch die Software der Fahrzeugfunktionen – von der Einparkhilfe und dem Spurhalteassistenten bis zum Musikstreaming – entwickelt. In Folge kommen neue Funktionen künftig deutlich schneller und via Software-Update zu den Nutzern. Fahrzeughersteller können ihren Kunden somit ein überzeugendes Fahrzeugerlebnis aus „einem Guss“ anbieten. 

Wandel der Fahrzeugelektronik 

Parallel zu einer übergreifenden Softwareentwicklung arbeitet Bosch intensiv daran, die elektrische und elektronische (E/E-)Architektur von Fahrzeugen zukunftsfähig zu machen. In seiner neuen Einheit bündelt das Unternehmen daher ebenso die Entwicklung von Fahrzeugcomputern, Steuergeräten und Sensoren. Ihr reibungsloses Zusammenspiel ist in Zukunft entscheidend. 

Kernaufgabe von Cross-Domain Computing Solutions wird es sein, die Komplexität der Elektroniksysteme beherrschbar und darüber hinaus so sicher wie möglich zu machen. (Kröger)

Besonderen Fokus legt Bosch dabei auf Hochleistungsrechner als technische Basis für die Digitalisierung moderner Fahrzeuge. Sie bündeln in allen Fahrzeugbereichen die immer umfassenderen Funktionen und übernehmen die Aufgaben einzelner Steuergeräte. 

Mehr als 100 einzelne Steuergeräte sind in aktuellen Premiumfahrzeugen verbaut, selbst in Kleinwagen sind es heute bereits 30 bis 50. Mit Hochleistungsrechnern lässt sich diese Anzahl zukünftig deutlich reduzieren. (Kröger)

Da diese Fahrzeugcomputer sowohl für Cockpit- und Vernetzungsfunktionen, für Fahrerassistenzsysteme und automatisiertes Fahren sowie den Antrieb nun erstmals in einer übergreifenden Einheit entwickelt werden, entsteht eine durchgängige IT-Architektur für das gesamte Fahrzeug. Sie sorgt für ein nahtloses Zusammenspiel der elektrischen und elektronischen Komponenten. Zudem realisiert Bosch damit wertvolle Synergien. 

Mehr Markt- und Kundennähe 

Ab Anfang 2021 sollen der gesamte Geschäftsbereich Car Multimedia und weitere Produkteinheiten der Geschäftsbereiche Powertrain Solutions, Chassis Systems Control und Automotive Electronics, die übergreifende softwareintensive Elektroniksysteme entwickeln, bei Cross-Domain Computing Solutions unter einem Dach zusammengeführt werden. Der neue Geschäftsbereich wird damit rund 17.000 Mitarbeiter an mehr als 40 Standorten und in über 20 Ländern beschäftigen. Die Details der zukünftigen Organisation werden unter Beteiligung der zuständigen Arbeitnehmervertretungen erarbeitet. 

Bündelung von Fertigungskompetenzen 

Bereits im April 2020 hat Bosch die gesamte Elektronikfertigung des Unternehmensbereichs Mobility Solutions gebündelt. Im Geschäftsbereich Automotive Electronics wird nun die Produktion von Steuergeräten und Fahrzeugrechnern übergreifend für alle Fahrzeugbereiche koordiniert. Damit realisiert das Unternehmen Synergien auch in der Fertigung. Im neuen Fertigungsverbund arbeiten rund 24.000 Mitarbeiter in 21 Werken und 14 Ländern.