Pannenfrei für fünf Euro

Ausfallzeiten gehen ins Geld. Wenn also ein Lkw liegen bleibt, zählt jede Minute. Neben der zuverlässigen Pannenhilfe hilft da nur Prävention – digital und in der täglichen Praxis.

Foto: Anita Würmser/ADAC
Foto: Anita Würmser/ADAC
Redaktion (allg.)

Mitte des vergangenen Jahres platzte auf der A24 in Höhe der Anschlussstelle Talkum der linke Vorderreifen eines mit Styropor beladenen Sattelzugs. Das Fahrzeug durchbrach die Mittelleitplanke, kippte um und brannte vollständig aus. Der Autobahnabschnitt war tagelang gesperrt und der Fahrbahnbelag musste saniert werden. Der Schaden ging in die Hunderttausende. Lkw- Brände gehören zu den gefährlichsten Verkehrsereignissen. Schlimmer noch, sie sind mittlerweile an der Tagesordnung. Valide Statistiken dazu gibt es nicht, wer sich aber die Mühe macht, den Google-Alert „Lkw-Brand“ einzurichten, kann unschwer erkennen, dass auf Deutschlands Straßen jeden Tag mehrere Lkw brennen, oft mit dramatischen Folgen. Brandursache ist seltener die Ladung, sondern eher ein technischer Defekt, etwa wenn Reifen überhitzen – hervorgerufen durch zu geringen Reifendruck, festsitzende Bremsen oder defekte Radlager.

Digital denkt mit …

Solche Katastrophen ließen sich schon heute mittels digitaler Pannenprävention oft vermeiden. Beim ADAC Truckservice ist das telematikbasierte Feature seit 2018 optionaler Teil des Fahrzeugschutzpakets – für fünf Euro pro Fahrzeug und Monat. Das Prinzip ist einfach: Jeder Lkw wird unabhängig vom Nutzfahrzeugfabrikat in Echtzeit fernüberwacht. Weichen Zustandsdaten, wie die der Reifen oder Daten aus dem Trailer, wie die der Beleuchtung vom Sollwert ab, erhält der Fuhrparkbetreiber eine Warnung mit Handlungsempfehlung – und zwar bevor es zu einer Panne kommt. Die Warnfunktion lässt sich mit einer mobilen oder stationären Reparatur in ganz Europa kombinieren. Die „Reparatur im Vorbeifahren“ spart zusätzlich Zeit und Geld. Um diese Vorteile der Digitalisierung nutzen zu können, muss ein Fahrzeug über eine Telematikausstattung und entsprechende Sensoren verfügen. Reifen und Trailer lassen sich dabei über ein Reifendruckkontrollsystem (RDKS) und eine beliebige Trailertelematik fernüberwachen. Der Check der Zugmaschine setzt den Einbau eines markenneutralen Diagnosesystems voraus.
Neben der Sicherheit hat die digitale Pannenprävention einen handfesten finanziellen Vorteil: Der Lkw ist produktiver, weil er seltener ausfällt, die Verschleiß- und Instandhaltungskosten liegen niedriger, und die Reparaturzeiten verkürzen sich um circa 25 Prozent. In einem 2016 durchgeführten bundesweiten Praxistest mit mehr als 1.000 Trailern sind in drei Monatenvermiedene Schadenssummen in Höhe von insgesamt rund 200.000 Euro durch die digitale Pannenprävention belegt.

Der Schlaue beugt vor

Am meisten Geld, Zeit und Wettbewerbsfähigkeit lässt der Transportunternehmer auf der Straße liegen, wenn er an professioneller Pannenvorsorge spart und sowohl die Wartung als auch Schulungen nicht ernst genug nimmt. Am Lkw gibt es Dutzende neuralgischer Stellen, die sich zu einem kapitalen Schaden entwickeln können. Die Klassiker der Pannenhilfe sind Reifen- und Batterieprobleme, dazwischen liegt die ganze Palette möglicher Pannen von defekten Bremsen und Kühlaggregaten bis hin zu kapitalen Motorschäden oder versulztem Diesel. Aller Digitalisierung zum Trotz ist nicht jede Panne zu 100 Prozent vorhersehbar. Ein spontaner Reifenplatzer oder ein im Schnee festsitzender Lkw etwa lässt sich auch mit Telematik kaum verhindern. Zudem ist in der Praxis nicht jedes Fahrzeug mit RDKS und Telematik ausgerüstet. Pannenvorsorge gehört in modernen Fuhrparks deshalb zum Standard. Die Möglichkeiten sind vielfältig und zudem sehr flexibel auf die individuellen Bedürfnisse anpassbar. Das zahlt sich im Fall der Fälle aus: Neben Kostenvorteilen ist die Organisation einer Pannenhilfe einfacher, weil die Lkw-Daten bereits in der Pannenzentrale hinterlegt sind. Das spart Zeit, wenn es darauf ankommt.
Erfolgreiche Pannenprävention zeigt sich auch dann, wenn das Wetter wieder einmal ausschlägt. Bei Extremwetterlagen laufen im Service-Center des ADAC Truckservice in Laichingen regelmäßig die Drähte heiß. Im Sommer und Winter schnellt vor allem die Zahl der Reifeneinsätze auf teils über 1.000 täglich in die Höhe. Extreme Hitze wie auch Kälte machen modernen Lkw-Reifen zwar nichts aus. Gefährlich wird es in Kombination mit Beschädigungen, festsitzenden Bremsen oder defekten Radlagern und vor allem zu geringem Luftdruck. Ist der Druck zu niedrig, kann sich ein Balg bilden. Der Reifen walkt, überhitzt und platzt oder kann Feuer fangen. Selbst wenn es glimpflich endet, gehen die Folgeschäden an Elektrik und Luftbälgen meist richtig ins Geld.
Ebenfalls teuer kann es werden, wenn Ölflecken unter dem Fahrerhaus ignoriert oder neue Reifen nicht nach 50 Kilometern nachgezogen werden. Aufmerksame Fahrer haben schon so manchen kapitalen Schaden verhindert. Zum kleinen Einmaleins der Pannenprävention für Fahrer und Fuhrparkbetreiber gehören daher regelmäßige Luftdruckkontrollen und die Einhaltung der Wartungsintervalle sowie spezielle Fahrertrainings.
Lange Ausfallzeiten entstehen häufig durch falsches Verhalten bei der Pannenmeldung. Prävention gilt deshalb auch in der Kommunikation: Fuhrparkbetreiber sollten ihre Fahrer darüber informieren, was im Fall einer Panne zu tun ist. Dabei lassen sich die größten Zeitfresser am leichtesten vermeiden. Ideal ist es, wenn der Fahrer seine Kundennummer parat hat, weiß, wo er steht, was defekt ist oder den Defekt sachlich beschreiben kann. So gilt es bei Reifenschäden vor der Pannenmeldung zu checken, ob Felge, Elektronik, Stoßdämpfer oder Luftbalg beschädigt sind.
In der Realität dagegen geben Fahrer immer wieder den falschen Standort oder auf Autobahnen die verkehrte Fahrtrichtung an. Im schlimmsten Fall stehen die Pannentrucks nicht einmal auf dem Standstreifen und der Abschleppdienst kommt nicht durch den Rückstau.

Pannenmanagement

Professionelles Pannenmanagement ist vor allem eines: schnell und 24/7 verfügbar. Ist eine Panne erst einmal passiert, zählt jede Minute. Noch vor wenigen Jahren wurden bei einem durchschnittlichen Panneneinsatz ein Fax und eine SMS verschickt und elf Telefonate mit 24 Minuten reiner Telefonzeit geführt. Zwischen Pannenmeldung und Ankunft des Monteurs am Pannenort vergingen teilweise bis zu 1,5 Stunden und ein Lkw war durchschnittlich nach 2,5 Stunden wieder auf der Strecke.
Heute genügt ein einziges Telefonat. Noch während der Lkw-Fahrer die Panne per Telefon meldet, kann der Service-Agent über die automatisierte Werkstattsuche per Mausklick in spätestens fünf Minuten die passende Werkstatt beauftragen. Noch bevor das Telefonat beendet ist, ist der Werkstattwagen zum Pannenort unterwegs. In der Regel ist der Lkw-Pannendienst des ADAC europaweit innerhalb von 60 Minuten nach Eingang des Anrufs mit den passenden Ersatzteilen am Pannenort, meist sogar schneller – und rund 95 Prozent aller Lkw können vor Ort repariert werden.
Dass Pannenhilfe durch permanente Prozessoptimierung immer besser wird, darf nicht davon ablenken, dass sie sich grundlegend ändert. Pannen erst gar nicht passieren zu lassen, eröffnet eines der größten Effizienzpotenziale in der Logistik. Mit der digitalen Pannenprävention hat der ADAC dafür die Basis gelegt.
Neue Möglichkeiten bietet die fortschreitende Vernetzung und Automatisierung der Prozesse zwischen Herstellern, Ersatzteillieferanten und Werkstätten. Schon in naher Zukunft ist ein Szenario denkbar, Reparaturprozesse wie einen Reboot eines Fahrzeugsystems automatisch mittels Fernbedienung durchzuführen. Selbst einfache Reparaturroboter, die standardisierte Tätigkeiten ausführen, defekte Fahrzeugmodule austauschen oder dem Techniker zur Hand gehen sind im Gespräch.
So zwingend die Digitalisierung auch sein mag, sie ist kein Selbstzweck. Das Ziel lautet, mithilfe modernster Technik effi zienter, sicherer und besser zu werden. Ob in einigen Jahrzehnten möglicherweise autonom gesteuerte Fahrzeuge an die Stelle des Fahrers treten, wird deshalb letztlich eine Frage der Wirtschaftlichkeit und Sicher heit der Technologie sein. Der Übergang ist fließend und wird möglicherweise länger dauern, als die Technologieverfügbarkeit vermuten lässt.
Nichts anderes gilt für die Pannenhilfe der Zukunft. Auch die Reparaturen selbst werden auf absehbare Zeit weiter Menschen erledigen – jedoch zunehmend vernetzt und unterstützt von intelligenten Systemen. Die Basistechnologien dafür sind bereits verfügbar, es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis sie so weit entwickelt und ausreichend wirtschaftlich sind, um flächendeckend zum Einsatz zu kommen. Bis dahin gilt eine Devise: Das A und O in der Pannenhilfe ist Schnelligkeit.