Der Öl- und Luftfiltermarkt für Nutzfahrzeuge ändert sich. Neue Werkstoffe, Entsorgungsverfahren und wachsende Umweltsensibilität verbessern zwar die Filter, stellen Werkstätten aber vor neue Herausforderungen. Auch Elektromobilität und neue Antriebstechnologien werden die Beschaffenheit, Baugrößen und Verbauungsorte von Filtern beeinflussen und völlig neue Szenarien, Anwendungen und Mitbewerber ins Spiel bringen.
Klar: Klassische Öl- und Luftfilter bleiben vorerst eine feste Größe im Werkstatt-Alltag. Vor allem im Motor von Nutzfahrzeugen leisten Ölfilter wahre Schwerstarbeit. Denn laut Filterhersteller Hengst fließen pro Minute – je nach Anwendung – mehrere hundert Liter Öl durch den Motorkreislauf, damit bewegte Teile wie Kolben oder Pleuellager weniger verschleißen.
Neben Motoröl entscheiden also auch Ölfilter über Leistung, Verbrauch, Wirtschafts- und Umwelteffizienz. Denn Ölfilter müssen viel Schmutz aufnehmen sowie hohe Drücke, Temperaturen und Pulsationen aushalten. Zudem müssen sie präzise und passgenau verarbeitet sein, schon um Werkstätten den Ein- und Ausbau zu erleichtern.
Tiefenfiltration ist Trumpf
Auch Luftfilter stecken in Nutzfahrzeugen allerhand ein. Rund 2.400 Kubikmeter Luft saugt ein Nutzfahrzeugmotor, je nach Leistung, pro Stunde an – bei 50 Milligramm Partikeln pro Kubikmeter sind das 120 Gramm Ruß und Staub alle 60 Minuten. Mit diesem Filtrat ließen sich, pro Stunde, 60 Teebeutel füllen. Das reicht, pro Stunde, für 20 Kannen extraschwarzen Teegenuss. Soll heißen: Permanent entfernen Luftfilter ungesunde Fremdstoffe aus der Ansaugluft, um dauerhaft ein verbrennungsoptimiertes Kraftstoff-Luft-Gemisch und damit die Motorleistung zu sichern. In modernen Einspritzmotoren enthält das Luftfiltergehäuse oft zusätzlich einen Luftmassenmesser, eine Blow-by-Gas-Einleitung oder einen Wartungsanzeiger. Solch komplexe Luftfilter verhindern nicht nur erhöhten Motorverschleiß, sondern schützen auch empfindliche elektronische Bauteile.
Gut gefilterte Luft verbessert Motordurchzug, Beschleunigung, aber auch Ansauggeräusche, Höchstgeschwindigkeit und Kraftstoffverbrauch. Daher ist es unerlässlich, Luftfilter regelmäßig zu erneuern. Moderne Luftfilter nutzen das Prinzip der Tiefenfiltration – da sich Verunreinigungen in der Struktur des Filtermediums ablagern, sind solche Tiefenfilter regelmäßig zu ersetzen. Für Nutzfahrzeuge, Land- und Baumaschinen in besonders staubreichen Umgebungen empfehlen sich zudem spezielle Sicherheitseinsätze, die beim Wechsel des Hauptluftfilters vor Schmutzpartikeln schützen. Der Versuch, Luftfilter zu reinigen oder „auszublasen“, ist keine gute Idee. Das Filterpapier erleidet nämlich Temperaturen von bis zu 80 Grad Celsius und versprödet mit zunehmendem Alter. Reinigungsversuche können das Papier zerreißen und die Filterleistung senken. Besonders tückisch: Oft sind kleinere Risse nicht mit bloßem Auge zu erkennen. Trotzdem werden immer wieder Luftfilter ausgepustet statt gewechselt. Durch hierbei beschädigte Filter kann Schmutz in den Motor gelangen – die Folge: Motorschaden. Wie schon die Ölfilter sammeln auch Luftfilter eine Menge giftiger Schadstoffe an, die unter erheblichem Aufwand zu entsorgen sind. Hinzu kommt, dass Fahrzeughersteller die Filter als Verschleißteile auslegen und somit regelmäßige Filtertausche im Rahmen von Wechselintervallen erzwingen. Der Einsatz vollsynthetischer Ölfilter in der Erstausrüstung kann aber diese Wechselintervalle so weit verlängern, dass Werkstätten weniger entsorgen müssen. Gebrauchte Luft- und Ölfilter werden meist thermisch recycelt und zur Energieerzeugung genutzt: Sortenreine Filtereinsätze aus Recyclat sowie metallfreie Filterelemente sind vollständig veraschbar und eignen sich gut zur Stromerzeugung per Kraft-Wärme-Kopplung. Die Verpackungsboxen der Filter bestehen zudem aus Recyclingfasern, um die Entsorgung möglichst einfach, preiswert und CO2-neutral zu gestalten. Ferner unterstützt eine Reihe von Filterherstellern die Werkstätten, etwa über Entsorgungsportale wie Partslife (www.partslife.com).
Außerdem achten viele Hersteller schon bei der Konstruktion von Filtern darauf, dass diese ressourcenschonend produziert und am Ende des Wechselintervalls umweltgerecht entsorgbar sind. Sogenannte Lebensdauerkomponenten, die beim Ölfilterwechsel am Motorblock verbleiben, senken die Abfallmasse im Vergleich zu klassischen Öl-Anschraubfiltern um 90 Prozent. Einige Systeme haben etwa Deckel und Stutzen mit integriertem Filterumgehungs- und Rücklaufsperrventil auf Lebensdauer ausgelegt; diese Bauteile in OE-Qualität verbleiben auf Lebenszeit im Fahrzeug. Bei herkömmlichen Öl- oder teilweise auch Kraftstoff-Anschraubfiltern bilden Stahlblechgehäuse, integriertes Filterelement sowie Rücklaufsperr- und Filterumgehungsventil ein komplettes Bauteil. Ist nur das Filterelement hinfällig, müssen Werkstätten stets die gesamte Filtereinheit austauschen. Dies erzeugt Unmengen an Abfall, sprich, Entsorgungskosten.
Da noch immer pro Jahr rund zwei Milliarden Anschraubfilter gewechselt werden, hinterfragt die Welt diese Technologie zunehmend kritisch. Und auch die Altautoverordnung mit Forderung nach Sortentrennung macht diese Anschraubfilter auf Dauer unwirtschaftlich – zu aufwändig, zu umständlich und zu kompliziert ist der unsaubere Filterwechsel.
Bleibt also die Frage: Welche Neuerungen werden sich warum und wo durchsetzen? Filterhersteller antworten darauf, dass jede Fahrzeuggeneration die Anforderungen an Filter erhöht. Die Wunschliste umfasst höhere Abscheidegrade, längere Serviceintervalle, weniger Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß, um nur einige zu nennen. Daher entwickeln Hersteller neuartige Filtermedien mit optimierten Faserdurchmessern und Faserlagen – zu erwarten sind vollsynthetische Filterelemente und immer feinere Filtermedien, etwa aus veredelter Cellulose mit Nanofasern. Ferner müssen sich Werkstätten mit ganz neuen Filtergeometrien auseinandersetzen.
Viel Druck aufs Material
Denn Motorenentwickler gestehen den Filterkomponenten immer weniger Bauraum zu. Um diese kleiner werdenden Räume optimal auszunutzen, setzen einige Filterhersteller auf besondere Falttechniken und flexible Geometrien. Früher runde Luftfilter weichen zunehmend kompakteren – etwa konischen – Bauformen, welche die Luft besser führen und den Differenzdruck senken. Ferner versuchen einige Hersteller – durch stete Verbesserung, sprich, Einsparung von Materialien – ihre Filter leichter zu machen.
Für moderne Ölfiltermedien etwa verwenden Hersteller ausschließlich harte Thermoplast-Endscheiben, die sowohl das automatische Serviceablassventil steuern als auch das Filtermedium gegen hohe Drücke stabilisieren. Dank elastischer Verformung nehmen die Scheiben hohe Druckimpulse auf und erlauben Berstdruckwerte bis zu 18 bar. Ferner bilden sie zusammen mit dem im Stützdom integrierten Ventilpilz das Bypass-Ventil. Auch auf neuartige Filterszenarien für Fahrzeuge ohne klassischen Verbrennungsmotor müssen sich Werkstattleiter einstellen. Zwar lassen vollständig elektrifizierte Antriebsstränge, gerade im schweren Nutzlastsegment, noch auf sich warten; doch Hybridantriebe sind bereits deutlich weiter.
Neben Innenraumfiltern, die angesichts von Feinstaub und Stickoxiden zunehmend mehr leisten müssen, nutzen strombetriebene Fahrzeuge spezielle Elemente zum Druckausgleich in Batterien oder Getriebeölfilter für E-Achsen oder ölgekühlte Achselemente. Auch Smart Filtration müssen Werkstattleiter im Blick behalten. Brennstoffzellen hingegen, die zunehmend als emissionsfreie Lösung für Nutzfahrzeuge gelten, brauchen für ein langes Leben hochgradig saubere Luftzufuhr und ebenso saubere Kühlmittel. Hier bieten erste Hersteller wie Mann + Hummel bereits neuartige Kathodenluftfilter sowohl für Partikelfiltration als auch für Gasadsorption an. Auch Bremsstaubfilter und mobile Filter für Feinstaubpartikel lassen für Werkstätten völlig neue Werkzeuge und Prozesse erwarten.
Öl- und Luftfilter für Nutzfahrzeuge werden immer besser, da die Hersteller laufend neue Werkstoffe und Verfahren einsetzen. In puncto Entsorgung und Wiederverwertung werden Umweltgesetze tendenziell immer schärfer. Da EU-Recht vor nationales Recht geht, müssen sich Werkstätten darauf gefasst machen, stärker in die Pflicht genommen zu werden.
Werkstätten müssen handeln
Hier kommen Hersteller den Nutzfahrzeug-Werkstätten bereits durch einschlägige Plattformen entgegen. Auch Elektromobilität verändert für Werkstätten die Filterlandschaft, ihre Prozesse und Akteure. Ein Blick in die Zukunft lässt ahnen: Klassische Fahrzeugfilter bekommen schon bald neuartige Konkurrenz, auf die sich Werkstätten schon heute einstellen sollten. Denn erste flüssigkeitsgekühlte Akkus erfordern bereits Kühlmittelpartikelfilter, während Kernbauteile in Brennstoffzellen-Stacks äußerst sensibel auf Partikel, Schadgase und Wasser in der Ansaugluft reagieren. Auch hier sind neue Filtertechnologien zu erwarten, mit denen sich Werkstätten vertraut machen sollten.
Kernpunkt für störungsfreien Betrieb und langes Systemleben werden daher – neben klassischer Partikelfilterung – effiziente Schadgasadsorption und Wasserabscheidung. Hier sollen neuartige Luftführungssysteme für den Kathodenpfad ganzheitlich vor Partikeln, Schadgasen und unerwünschtem Strömungslärm schützen.
Werkstätten tun gut daran, diese Entwicklungen im Auge zu behalten, um sich rechtzeitig durch Produktschulungen fit für die Zukunft zu machen. Denn völlig neue Filterarten werden wohl auch neuartige Werkzeuge und Werkstattverfahren mit sich bringen. Wer hier am Ball bleibt, wird nicht so leicht von neuen Entwicklungen überrumpelt. Karsten Düsdieker
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