Logistikkooperationen: Nicht ohne meine Partner

Logistikkooperationen sind ein zukunftsweisender Weg für die Geschäftsausweitung serviceorientierter Speditionen in einem schwierigen Wettbewerbsumfeld.

Foto: Palletways
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Redaktion (allg.)

Kooperationen von mittelständischen Speditionen sieht die Logistikbranche zunehmend als Erfolgsmodell. Die Speditionen können die eigenen Ressourcen effizienter nutzen sowie Reichweite, Kapazität, Flexibilität und Produktivität im Rahmen eines Netzwerks erheblich erweitern.
Zur steigenden Beliebtheit solcher Kooperationen trägt auch bei, dass sich in den letzten Jahren der Wettbewerbsdruck für die Unternehmen spürbar verschärft und zu einem erheblichen Preiskampf geführt hat. Hinzu kommen steigende Mautgebühren. Experten prognostizieren dem Straßengüterverkehr eine Mehrbelastung von jährlich zwei Milliarden Euro – für einzelne Unternehmen eine Existenzbedrohung.
Ebenfalls ein Belastungsfaktor für den Stückgutmarkt ist der Fahrermangel. Mindestens 40.000 Berufskraftfahrer sind pro Jahr zu ersetzen, wobei das Kontingent osteuropäischer Anwärter nahezu ausgeschöpft ist. Insbesondere bei saisonalen Auftragsspitzen mangelt es vielen Betrieben an Fahrern, aber auch an Kapazität im Fuhrpark. Zudem belasten Bürokratisierung und die Anforderungen der Digitalisierung die Unternehmen. Und es gibt jede Menge Unwägbarkeiten politischer Art. Als Stichworte mögen die Feinstaubdiskussion, Fahrverbote, der Brexit und Handelskonflikte dienen.
Angesichts dieser Situation gewinnt für Viele die Beteiligung an einem Logistiknetz an Attraktivität. Dabei handelt es sich um eine freiwillige, zwischenbetriebliche Kooperation von rechtlich und wirtschaftlich selbstständigen Mitgliedern, die ganz bestimmte, in einer vertraglichen Vereinbarung festgelegte gemeinsame Ziele verfolgen. Entscheidend ist, dass die Partnerunternehmen nicht komplett in einer Organisation aufgehen, sondern ihre Unabhängigkeit in großen Teilen bewahren. Die Vorteile besonders auf der Kostenseite sowie eine nahezu flächendeckende Gebietsabdeckung liefern gute Gründe, einer Kooperation beizutreten.

Schnell und flexibel

Auch gemeinsame IT-Plattformen können die Effizienz und Produktivität deutlich steigern. Für manches Unternehmen bedeutet das einen Quantensprung in der Kundenanbindung, um gegenüber den großen überregionalen Playern zu bestehen. Die Kooperation erlaubt Kapazitäten schnell und flexibel an den Bedarf anzupassen und im Verbund lassen sich neue Geschäftsmodelle schneller und zuverlässiger einführen. Der Erfolg eines Netzwerkpartners hängt allerdings auch davon ab, inwieweit das Gleichgewicht zwischen Eingangs- und Ausgangsvorlumen gehalten wird. Ein häufig geäußerter Vorbehalt gegen Kooperationen ist die Befürchtung, dass andere Netzwerkpartner zu einer plötzlichen Konkurrenz im eigenen Aktivitätsgebiet heranwachsen könnten, etwa wenn ein Partner den anderen preislich unterbietet. Gegen diese im Prinzip berechtigte Angst hilft nur eines: klare Vertragsvereinbarungen, die neben der Gebietsverantwortung auch einen Gebiets- und Kundenschutz verbindlich festschreiben.
Um im Wettbewerb mit der wachsenden Zahl von Kooperationen zu bestehen, müssen Netzwerke möglichst viel für ihre Gemeinschaft tun. Dazu gehören eine sorgfältige Auswahl der Kooperationsmitglieder, Transparenz und zuverlässige Kommunikation, eine serviceorientierte gemeinsame IT-Infrastruktur, kompromisslose Qualitätsstandards, eine durchdachte, an den gemeinsamen Zielen ausgerichtete Vertriebs- und Marketingunterstützung sowie die professionelle Marktbeobachtung, die dem Partnernetz ein proaktives, zukunftsorientiertes Handeln ermöglicht.

Geschäftsmodell Kooperation

Das Express-Palettennetzwerk Palletways ist ein Beispiel dafür, wie eine Stückgutkooperation aufgebaut und organisiert sein kann. Es wurde 1994 in Großbritannien gegründet und gehört heute zum südafrikanischen Logistikdienstleister Imperial Logistics. In Deutschland sind es derzeit 64 Partnerunternehmen, die pro Jahr Hunderttausende Paletten über 72 Depotstandorte abwickeln. Die strategisch verteilten Depots und Hubs in Knüllwald-Remsfeld (Zentralhub) und Nijmegen (Regionalhub) verbinden die Partner schnell und effizient mit den Regionen Europas. Die meisten Gebiete innerhalb Deutschlands lassen sich innerhalb von 24 Stunden bedienen. Das Netzwerk verknüpft somit die Ortskenntnisse und das Fachwissen der Partnerunternehmen vor Ort mit dem Know-how der Palletways-Experten – mit Zugang zu derzeit 24 Ländern Europas, ohne dass dort eigene Niederlassungen unterhalten werden müssen und nennenswerte Zusatzinvestitionen in das Europageschäft notwendig werden.
Das Prinzip des Konzepts: Die angeschlossenen Spediteure liefern die Palettenfracht eines Partners in die Palletways- Hubs und nehmen im Gegenzug andere, für Empfänger in der eigenen Region bestimmte Sendungen wieder mit. So entsteht ein überregionaler Door-to-Door-Stückgut- Expressservice für palettierte Fracht. Mit wachsender Mitgliederzahl stärkt das Netz jeden einzelnen Partner, denn je mehr selbstständige Speditionen ihr Sendungsvolumen beisteuern, desto produktiver wird jede einzelne. Große Fuhrparkinvestitionen sind nicht notwendig, da sich alle Lkw ab 7,5 Tonnen mit Ladebordwand, die seitlich be- und entladen werden können, eignen.

Eine europaweit einheitliche Prozessund Systemwelt sowie eine Infrastruktur, die eine einfache Abfertigung, schnelle Laufzeiten für alle Arten palettierter Fracht sowie Transparenz und Kontrolle durch Sendungsverfolgung in Echtzeit gewährleistet, sollen die Effizient verbessern. Digitale Basis dafür ist ein einheitliches IT-System, mit dem sich die gesamte Transportkette in Echtzeit koordinieren lässt. Die Prozessschritte – von der Kundenverwaltung über die Auftragsabwicklung und Sendungsverfolgung bis hin zur Abrechnung und Erstellung von Statistiken – lassen sich über ein gemeinsames Portal abwickeln.
Ein wichtiger Flexibilitätsfaktor des Palletways-Netzes ist die Fähigkeit, unterschiedliche Sendungsgrößen zu unterstützen, darunter auch sensible Güter sowie Lang- und Schwergut bis 1.200 Kilogramm. Hinzu kommt die auf dem Markt nicht selbstverständliche Beförderung von Kleinmengen (ein bis sechs Paletten pro Sendung). Zudem lassen sich komplexe Transportaufgaben durch eine moderne Seitenumschlag-Technik vereinfachen. Die Fähigkeit zur seitlichen Be- und Entladung ist für die Servicequalität von Palletways maßgeblich verantwortlich – 99,9 Prozent der Transporte kommen schadensfrei an .

Der Weg ins Partnernetz

Um das aus professionellen, unabhängigen, mittelständischen Transportunternehmen bestehende Palletways-Netz auf hohem Qualitätsniveau zu halten und eine gleichbleibend hohe Kundenorientierung sicherzustellen, werden Partner sorgfältig nach strengen Kriterien ausgewählt.
Neben der Branchenzulassung und mindestens einem aktiven Standort ist vor allem der Nachweis eines soliden Managements und einer finanziellen Stabilität ein unverzichtbares Eintrittskriterium. Eine leistungsfähige Flotte aus Sattelschleppern und Lkw sowie ausreichend überdachte Lagerfläche müssen bei den Unternehmen ebenfalls vorhanden sein. Ganz entscheidend sind zudem individuelle Merkmale des Unternehmens, insbesondere eine ausgeprägte Serviceorientierung.
Im Partnernetz erhalten Spediteure Unterstützung in Vertriebs- und Marketingfragen. Zudem profitieren sie von netzwerkübergreifenden Innovationen und Investitionen in moderne Technologien. Im Gegenzug werden solidarisches Verhalten und ein hohes Qualitätsbewusstsein erwartet. Denn nur so können sich Kooperationen auf Dauer gegen die großen Konzerne behaupten.