Löwen-Stromer für die Stadtlogistik

MAN drängt mit der elektrischen Variante des TGE in die Fuhrparks: Elf E-Vans nahm die Schweizerische Post in Dienst, auch Quehenberger und DB Schenker setzen auf Stromer mit Löwe im Grill.

Foto: MAN
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Redaktion (allg.)

Strom ist zwar nicht gelb, aber diese Stromer sind es: Die Schweizerische Post will an drei ihrer Standorte lokal emissionsfrei ausliefern und hat dafür bei MAN elf batterieelektrische Transporter gekauft. Der Münchner Lkw- Bauer hat die eTGE Ende Juni in Ostermundigen, nahe Bern, an den Paketdienst übergeben. Die Schweizerische Post will nicht nur dort, sondern auch in St. Gallen und Genf lautlos und lokal emissionsfrei an die Adressaten zustellen. Mit den elf Fahrzeugen würden etwa 40 Tonnen CO2 pro Jahr eingespart, rechnet der Fahrzeughersteller vor. Hinzu komme, dass die Schweizerische Post die Batterien der Transporter mit Ökostrom aus erneuerbaren Quellen in der Schweiz auflade.
Bei der Zustellung von Briefen setzt die Post des Alpenlandes schon länger auf Elektromobilität. Nun will sie das Konzept mit den Elektrofahrzeugen auch auf die Auslieferungen von Paketen ausrollen – in einem ersten Step in den großen Städten, später auch in weitläufigeren Zustellgebieten. Bis zum Jahr 2023 beabsichtigt das Unternehmen, in der Paketzustellung bis zu 400 Lieferwagen mit Elektromotor einzusetzen.

Analyse: mehr als ein Fahrzeug

Dem Kauf vorausgegangen war, wie man es im MAN-Marketingsprech nennt, eine „360-Grad-Beratung“. Die Spezialabteilung Transport Solutions ermittelte für alle Fahrzeuge des Standorts die Energiebedarfe und Reichweiten auf Basis der lokalen Bedingungen. Im Anschluss entwarfen die Experten das geeignete Ladeund Infrastrukturkonzept für jedes Depot und passten dessen Auslegung bestmöglich an. Als Gesamtergebnis sei ein umfassender Überblick zur Elektrifizierung der Standorte entstanden. Zudem habe man deutliche Einsparungen bezüglich Verbrauch und CO2-Ausstoß der Fahrzeugflotte aufzeigen können.
Mit einer Reichweite von bis zu 173 Kilometern (nach NEFZ) und einer Nutzlast von rund einer Tonne soll der Elektrolieferwagen insbesondere für die Logistik der letzten Meile gemacht sein. Die relativ kleine Batteriekapazität von 35,8 kWh soll etwa drei Viertel aller innerstädtischen Transporte abdecken, die aktuell noch mit konventionell angetriebenen Modellen abgewickelt werden. Die Komponenten des MAN eTGE, der exakt baugleich mit dem VW e-Crafter ist, stammen vom e-Golf und hätten sich so bereits im Großserieneinsatz bewährt. Er wird derzeit ausschließlich als Kastenwagen mit normalem Radstand (3.640 mm) und Hochdach (Höhe: 2.590 mm, Höhe Laderaum: 1.861 mm) geliefert.
Im urbanen Einsatz kommt die üppige Ausstattung des eTGE Fahrern und Betreiber zugute – etwa die Rückfahrkamera, die Einparkhilfe sowie der sensorbasierte Flankenschutz. Alle Tools sollen nicht zuletzt die Zahl der Rangierschäden reduzieren. Darüber hinaus sind das Umfeldbeobachtungssystem mit City-Notbremse sowie der Notbremsassistent EBA (Emergency Brake Assist) an Bord.
Auch der österreichische Transportund Logistikkonzern Quehenberger hat drei der vollelektrisch angetriebenen MAN-Transporter in den Einsatz genommen. Damit ergänzt der Dienstleister einen MAN-Verteiler-Lkw vom Typ eTGM der bereits seit Herbst 2018 eingesetzt wird. Die 3,5-Tonner werden disponiert, wo emissionsfreie und geräuscharme Logistik gefragt, der dreiachsige 26-TonneneTruck aufgrund von Maßen und Masse aber zu groß ist, skizziert der Logistiker.
„Eine lokal CO2-freie Distribution in den Innenstädten wird zukünftig zu einem Muss. Mit den MAN eTGE sind wir in der Lage, die lärm- und emissionsfreie Innenstadtlogistik für unsere Fashionund Retail-Kunden weiter auszubauen“, kommentiert Christian Fürstaller, CEO und Managing Partner Quehenberger Logistics GmbH. Außerdem sieht Fürstaller den Vorteil der Verlagerung der Belieferung auf die Nacht und in die frühen Morgenstunden. Damit ließe sich der Verkehr zu den Stoßzeiten entzerren, meint der CEO. Die E-Vans könnten damit sehr früh mit den Auslieferungen beginnen; Kunden in der Salzburger Innenstadt werden bereits ab 4:30 Uhr angefahren.

Eigene Ladeinfrastruktur

Das Ladevolumen von 10,7 Kubikmetern im E-Van, der zudem über einen holzverkleideten Laderaum verfügt, prädestiniert das Fahrzeug für kleinere Paletten oder kleine bis mittelgroße Pakete, oft auch hängende Waren. Für diesen Zweck gibt es extra flexibel versetzbare Sperrstangen. Wichtig war den Fuhrparkverantwortlichen auch die Stehhöhe im Frachtabteil. Die Ladeinfrastruktur für alle E-Nutzfahrzeuge des Logistikers befindet sich am etwa zehn Minuten außerhalb von Salzburg gelegenen Standort Bergheim. Von dort aus starten Transporter und ein E-Truck täglich ihre Touren. Die installierte Ladestation mit 22 kW Leistung besteht aus einer Kombination aus Mennekes AMMAX Starkstromsteckdosen für die eTGE und einer Mennekes AMTRON Wallbox für den eTGM.
Wie im Fall des eTGM, der zu einer Feldversuchsflotte gehört, wird Quehenberger die mit den eTGE gewonnenen Daten wie Nutzungsprofile, reale Reichweiten oder Serviceprotokolle bereitstellen. Damit sollen die E-Fahrzeuge im VWKonzern weiterentwickelt werden.
Zuletzt orderte auch Logistikdienstleister DB Schenker acht eTGE. Die Fahrzeuge sollen innerhalb der sogenannten Ringstraße „Ring 3“ in Oslo liefern. Bisher habe man elektrische Lastenfahrräder in Oslo und Bergen genutzt und arbeite jetzt am Einsatz elektrischer Lastkraftwagen, heißt es von MAN Norwegen. Die Vans wurden vom MAN-Zentrum in Skårer geliefert, wo man für den Service von E- Nutzfahrzeugen gerüstet ist.