Trailer: Luftleitbrett oder Tropfenform?

Zu behaupten, der Trailer würde im Rennen um CO2-Einsparung stiefmütterlich behandelt, ist so nicht ganz richtig. Seit der Sattelzug auch in Deutschland das beherrschende Fernverkehrs-Fahrzeug ist, gab es immer Anstrengungen, den Trailer in Sachen Luftwiderstand zu optimieren. Nur: Gehört wurden die Entwickler selten bis nie. Das scheint sich nun zu ändern.

Robert Domina

So ein Trailer ist ein kantiges Ding: 13,6 Meter lang, 2,5 bis 2,6 Meter breit und 2,5 Meter hoch. Das ergibt so roundabout 85 Kubikmeter umbauten Raum, bei Automotive-Trailern mit drei Meter Innenhöhe kommen da auch schon mal 100 Kubik Laderaum zusammen. Und diesen Laderaum will der Spediteur auch nutzen. Die Anstrengungen für mehr Aerodynamik am Trailer stehen dem nicht immer, aber oft entgegen.

Das fing zum Beispiel schon in den 80er Jahren an, als Fahrzeugbauer wie Spier und Kässbohrer endlich Kofferaufbauten mit stark gerundeten Außenkanten anboten. Mit Radien größer 100 mm erzielten diese Koffer mit den Soft-Kanten schon messbare Verbrauchssenkungen im Bereich von einigen Prozent. Dumm nur, das die abgerundeten Kanten den Laderaum schmälerten. Plötzlich passten eng gesetzte Paletten nicht mehr nebeneinander an die Stirnwand, weil es dort enger wurde als über den Rest der Gesamtlänge. Also nahm man die sehr effektiven, großen Eckradien wieder zurück und stutzte sie auf palettentaugliche Staumaße im Inneren zurück. Der Aero-Effekt war zwar noch da, aber lang nicht mehr so deutlich wie bei den großen Radien. So fing das an.

Spoiler optimiert Trailer-Gap

Und man muss unterscheiden: Zwischen Maßnahmen am Zugfahrzeug und Maßnahmen am Trailer. Am Zugfahrzeug fühlten sich die großen Hersteller verantwortlich, mehr für die Aerodynamik zu tun. Es wurden ausgefuchste Formen für Dachspoiler erfunden, die den Überstand des Trailers zum Fahrerhaus schon ganz ordentlich abmilderten – in einer Größenordnung von drei bis fünf Prozent Verbrauchseinsparung. Doch die „Trailer-Gap“, die Lücke zwischen Fahrerhaus und Trailer galt es noch zu optimieren. Dabei halfen Seitenflaps, die heute praktisch bei jedem Sattelzug am Fahrerhaus dran sind. Dazu noch die Seitenverkleidung zwischen den Achsen der Zugmaschine – fertig ist der Standard-Sattel nach heutigen Maßstäben. Der ist bei weitem nicht perfekt und reicht in Zukunft nicht mehr. Die CO2-Steuer zwingt uns, weiter den Verbrauch zu drücken. Der Dieselmotor und der dazugehörige Antriebsstrang gelten hier als weitgehend ausgereizt. Also heißt es mal wieder: Ran an den Trailer.

Nun weiß die Forschung schon lange, wo die in aerodynamischer Hinsicht neuralgischen Punkte beim Trailer liegen. Die schon erwähnten Kanten des Kubus sind nach wie vor problematisch. Das Hauptaugenmerk müsste sich aber auf das Heck des Trailers richten. Hier sitzt der Feind in Form von Wirbelschleppen. Gleich hinter den Türen ergibt sich bei entsprechender Geschwindigkeit ein Unterdruck, der die umströmende Luft davon abhält, schön gleichmäßig abzufließen. Die Wirbel erzeugen also einen Fahrwiderstand. Und der ist ziemlich groß – jedenfalls bei entsprechend hohen Geschwindigkeiten über 60 km/h. Auch klar: Der Effekt einer Aero-Maßnahme steigt mit der Geschwindigkeit, mit der das Fahrzeug unterwegs ist. Die Arbeit zur Überwindung des Luftwiderstandes steigt im Quadrat zur Geschwindigkeit. Noch wichtiger aber ist die Leistung: Sie steigt im Kubik, also „hoch drei“ mit der Geschwindigkeit.

Heck hat Potenzial

Dass man da hinten am Heck viel holen kann, ist also bekannt. Allein vier bis fünf Prozent Sprit-Einsparung sind am oberen Heck möglich. Das ist gut belegt und mithin tatsächlich der lohnendste Ansatz. Denn alle anderen Detailmaßnahmen sind deutlich weniger effektiv. Und es wäre gar nicht so schwierig, gäbe es da nicht die Gesetze zu den Maßen und Gewichten bei Nutzfahrzeugen. Insbesondere die Maße und hier insbesondere die Gesamtlänge gilt es hier einzuhalten. Warum das wichtig ist? Weil es praktisch unmöglich ist, ohne zusätzliche Klappen, Flaps oder Windleiteinrichtungen den Luftwiderstand zu senken. Denn das ist die Grundidee: Wir verlängern praktisch den Aufbau, verlegen die Abrisskanten nach hinten, leicht verjüngt, sodass die Luft hier fließen kann und weniger Druckunterschiede und damit Wirbel entstehen. Eigentlich ganz einfach. Das Hauptproblem: Die Kiste wird zu lang. Das wiederum heißt, dass eine bewegliche Lösung anzustreben ist. Sie soll sich bei beengten Platzverhältnissen, beim Rangieren und Laden am besten unsichtbar machen. Bei Marschgeschwindigkeit dagegen können die Windleit-Bretter ausfahren, sich nahtlos an die Aufbaukanten legen und so den Luftwiderstandsbeiwert um gut acht Prozent, den Spritverbrauch um bis zu fünf Prozent senken. Da die Bretter – nennen wir sie besser Spoiler - die Gesamtfahrzeuglänge um ungebührliche 50 cm verlängern, ist das Ganze natürlich illegal. So war es jedenfalls zunächst. Mittlerweile haben sich Gesetzgeber und Gremien darauf geeinigt, dass ab einer bestimmten Geschwindigkeit (60 km/h) die Spoiler ausgefahren werden dürfen. Sie behindern hier niemanden und machen sich nur nützlich. Das Startup Betterflow aus dem Dunstkreis der RTWH Aachen hat sich hier besonders angestrengt und ausklappbare Spoiler für die Rückpartie von Kühlaufliegern ersonnen. Das Betterflow System ist nachrüstbar, wird aber bald von einigen Großen der Branche wie Schmitz, Krone und auch Daimler als Ab-Werk-Lösung angeboten werden. Die Ausstellmechanik der Betterflow-Spoiler funktioniert elektrisch über ein ausgefuchstes Hebelwerk und E-Motoren. Bei Nichtgebrauch klappen die Spoiler an die Türen und schützen so gleichzeitig die dahinter verborgene Mechanik und Elektrik. Das Ganze trägt natürlich auch ziemlich auf, was dazu führt, dass sich die Flügeltüren nicht mehr ganz so schön um 270 Grad an die Aufbauwände schmiegen. Die gängigen Ladetore mit Gummischleusen lassen sich laut Betterflow aber immer noch anfahren.

In der Gesamtansicht zunächst viel einfacher scheint der zweite große Trend – der sogenannte Teardrop-Auflieger. Seine Dachlinie fällt, ähnlich der Silhouette eines Tropfens, mehr oder weniger stark nach hinten ab. In Großbritannien sind solche Auflieger aber auch Solo-Koffer schon lange in der Tropfenform-Optik unterwegs. Auch deswegen, weil auf der Insel a) schnell gefahren und b) die Fahrzeughöhen bis zu fast 4,9 Meter betragen können (höhere Brückenmaße erlauben dies). Da macht die Tropfenform dann ganz schnell Sinn als Spritspar-Maßnahme.

Schmitz Cargobull hat zu diesem Thema neuerdings den EcoFlex-Trailer im Angebot. Er soll bis zu fünf Prozent Spriteinsparung ermöglichen. Interessant dabei: Es gibt das Konzept in mehreren Ausführungen, darunter eine feste Tropfenform („EcoFix“) und eine variable Absenkung der hinteren Dachkontur („EcoFlex“). Diese Flexibilität je nach Volumenbedarf ist ein großer Vorteil gegenüber der starren Lösung. Eine dritte Lösung, „EcoVarios“, bedient den Bereich mit drei Meter Innenhöhe, wie das bei Automotive-Transporten gefordert ist. Werden die drei Meter für andere Einsätze nicht benötigt, lässt sich auch hier die Dachlinie nach hinten absenken. Ein Großteil der eigentlichen Innovation dürfte sich in der Verstellmimik verbergen. Laut Schmitz sei eine Höhenverstellung in zehn Minuten bei einem versierten Bediener kein Problem. Das Ganze ist komplex, weil Rungen, Heckportal und Plane praktisch stufenlos in der Höhe verstellbar sein müssen. Das System werde hydraulisch unterstützt.

Fast schon ein Quantensprung

Sowohl der Teardrop-Trailer als auch die Heckkanten-Spoiler erzielen mit roundabout fünf Prozent Sprit- und damit CO2-Ersparnis einen erheblichen Beitrag zur Treibhausgas-Minderung. Fünf Prozent Einsparung – das ist unter Entwicklern und Testern schon so etwas wie ein Quantensprung. Da wurden für weniger schon ganz andere Kopfstände gemacht.