Herr Schmitz, welche Technologie verbirgt sich hinter der Bezeichnung EcoDuo?
Andreas Schmitz: EcoDuo steht für eine Standard-Sattelzugmaschine mit zwei 13,6 Meter langen Standard-Sattelaufliegern. Der erste Sattelauflieger mit Anhängekupplung wird über einen Dolly an einen zweiten 13,6 Meter langen Standard- Sattelauflieger angekoppelt. Die Länge der Kombination liegt bei 31,5 Metern.
Welche Hauptvorteile bietet das Konzept?
Der EcoDuo bedeutet eine signifikante Entlastung für die Umwelt und gleichzeitig auch für die Wirtschaft. 25 Prozent weniger CO2 pro Tonnenkilometer, weniger Treibstoffverbrauch und die gesamte vorhandene Logistikinfrastruktur beispielsweise im Be- und Entladebereich kann wie bisher genutzt werden. Beide Trailer sind mit den Standardmaßen problemlos bahnverladbar und weder in der Flotte noch bei Verladern sind aufwändige Investitionen in neue Systeme nötig.
Für welche Transportaufgaben kommt das neue Konzept in Frage?
Der Einsatz des EcoDuo macht im Langstreckentransport am meisten Sinn. Dabei ist der EcoDuo insbesondere auch im kombinierten Verkehr per Bahn oder Fähre sinnvoll. Auf der Straße wird eine CO2 Einsparung erreicht und die vorhandene Infrastruktur kann im kombinierten Verkehr voll genutzt werden. Ob dann zwei Kühlkoffer für den Transport von Lebensmitteln von einer Sattelzugmaschine gezogen werden oder Planenzüge mit Lieferungen für die fertigende Industrie, ist zweitrangig.
Was unterscheidet EcoDuo von anderen Lösungen für Lang-Lkw-Kombinationen?
Mit der Einführung der Nutzung von EcoDuo muss an der vorhandenen Infrastruktur nichts geändert werden: Weder die Fahrzeugflotte noch bestehende Logistikkonzepte oder die vorhandene Infrastruktur von Bahn und Fähren. Alles kann wie bisher genutzt werden. Da alle Komponenten des EcoDuo Standardfahrzeuges sind, ist es ein einfaches modulares System, das keine Mehrkosten verursacht. Es ist perfekt für den Einsatz im kombinierten Verkehr geeignet und kann morgen schon umgesetzt werden. Die Kosten werden für niemanden noch oben getrieben: Die Hersteller müssen weder Produktionsprozesse noch Teilevorhaltung verändern und in die Fuhrparks zieht als neues Fahrzeug maximal das Dolly neu ein.
Sind Sie mit EcoDuo dem Anspruch einer europaweiten Einführung eines neuen Transport- Konzepts entgegengetreten? Welche rechtlichen und länderspezifischen Hürden müssten dann grundsätzlich überwunden werden?
Der europaweite Einsatz von EcoDuo würde einen beachtlichen Beitrag zur Einsparung von CO2-Emissionen und damit Kraftstoff leisten. In Deutschland ist der 25,25-Meter-Lang-Lkw nun zwar auf den wichtigsten Transitstrecken weitgehend erlaubt, durch die Beschränkung der Tonnage auf 40 Tonnen ist jedoch der Einsatz nur für den reinen Volumentransport relevant. Das schränkt die Flexibilität vieler Transportunternehmen ein. Für den EcoDuo müssten höhere Lastzuggewichte gelten, wie das in Schweden und Finnland der Fall ist. Also zum Beispiel 40 Tonnen plus 30 Tonnen im EcoDuo. Die Fahrzeuge müssten im grenzüberschreitenden Verkehr eingesetzt werden können.
Inwieweit ist die Straßeninfrastruktur in Europa überhaupt für den EcoDuo bereit?
Für den Einsatz auf internationalen Autobahnen sehen wir die Voraussetzungen gegeben und nur da sollen sie auch zum Einsatz kommen. Für Deutschland könnte das Positiv-Netz für Lang-Lkw herangezogen werden. Das Thema knappe Lkw-Parkplätze wird durch den EcoDuo leider auch nicht gelöst, aber der Vorteil dieser Kombination ist die hohe Flexibilität. In Deutschland herrscht immer noch in der öffentlichen Meinung eine Grundskepsis gegenüber Lang- Lkw.
Wie kann der Bevölkerung diese Angst vor den als „Monster- Trucks“ wahrgenommenen Fahrzeugen genommen werden?
Die Bedeutung der Transportwirtschaft, der Lkw-Fahrer und der Logistik insgesamt ist ja gerade zu Beginn der Corona- Pandemie während der weitreichenden Lockdown-Maßnahmen von der Gemeinschaft allgemein anerkannt worden. Lkw stellen die Versorgung sicher. Was wir brauchen ist ein sachlicher Umgang und erklärende Berichterstattung zu dem Thema. Die EcoDuo-Kombinationen sollen ja nicht im Ortsverkehr unterwegs sein, sondern auf Autobahnen im Hub-zu-Hub-Verkehr. Da eine Sattelzugmaschine weniger benötigt wird, brauchen EcoDuo-Kombinationen insgesamt weniger Platz auf der Autobahn, was auch bei Stausituationen Vorteile hat.
Apropos Sicherheit. Was macht Sie so sicher, dass vom EcoDuo nicht doch eine zusätzliche Gefährdung anderer Straßenverkehrsteilnehmer ausgehen kann?
Zunächst gibt es eine Reihe von technischen Verbesserungen, wie Scheibenbremsen, Luftfederung und EBS, welche den Auflieger generell sicherer machen. Dennoch kann man auch beim EcoDuo wie beim Lang-Lkw spezielle Sicherheitssysteme und -kennzeichnungen einsetzen, wie beispielsweise die mitblinkenden Seitenmarkierungsleuchten oder den Abbiegeassistenten, um beispielsweise das Abbiegen bei Autobahnausfahrten bestmöglich sichtbar zu machen. Und die Fahrer müssen natürlich auch qualifiziert sein.
Besteht nicht auch die Gefahr, dass Fahrer der EcoDuo-Kombination überfordert werden?
Es kann sicher nicht „jeder“ einen EcoDuo fahren. Die entsprechende Berufserfahrung und die Bereitschaft zur Aus- und Weiterbildung sind hier Voraussetzung. Generell ist das Fahren von Lkw ein für unsere Gesellschaft wichtiger Beruf. Das ist uns allen während der Corona-Krise wieder richtig bewusst geworden. Und für Berufskraftfahrer mit der entsprechenden Ausbildung und Erfahrung ist das Fahren eines EcoDuo für das Image hoffentlich sogar förderlich.
Ein Argument, das grundsätzlich immer wieder gegen Lang-Lkw angeführt wird, ist die Befürchtung, durch diese Fahrzeuge könnten die Straßenbeläge mehr abgenutzt und Brücken dauerhaft zu Schaden kommen. Was halten Sie von solchen Einwänden?
Der EcoDuo kommt ja mit zehn Achsen. Durch die Verteilung der Gesamtlast auf mehr Achsen erhöhen sich die Achslasten nicht, sondern sie sinken sogar. Auch für Brücken gibt es aus unserer Sicht keine Mehrbelastung, de facto wird auf Brücken ja heute schon sehr eng gefahren. Nimmt man das Beispiel von Platooning mit einem Abstand von zehn Metern, dann würden zwei Standardsattelzüge à 40 Tonnen rund 43 Meter Länge beanspruchen und 80 Tonnen würden sich auf zehn Achsen verteilen. Beim EcoDuo verteilen sich 40 Tonnen plus 30 Tonnen auf 32 Meter und zehn Achsen. Sowohl die Achslast als auch die Straßenlast sind also geringer und wir transportieren mehr Volumen und Masse pro Tonne Fahrzeug. Die Belastung der Straßen steigt durch den EcoDuo nicht und zugleich spart das Konzept auch Platz auf der Autobahn.
Lang-Lkw-Gegner behaupten auch immer wieder, dass diese Fahrzeuge die Verlagerung des Straßengüterverkehrs auf die Schiene verhindern. Wie triftig sind solche Bedenken?
Dadurch dass der EcoDuo eine Kombination von zwei Standard-Aufliegern ist, ist die Bahnverladbarkeit in vollem Umfang gewährleistet. Beim Einsatz von 14,99 Meter langen Aufliegern ist das zum Beispiel nicht der Fall; für die gibt es nur wenige Bahnwagons. In vielen Fällen ist jedoch der Transport auf der Schiene nicht möglich: Unsere Industrie funktioniert nach dem Just-in-Time-Prinzip, bei dem immer genau nach Bedarf geliefert wird und auch der Internet-Handel nimmt an Bedeutung zu – dadurch bleibt Gütertransport auf der Straße weiter wichtig. Durch den Einsatz von Standard-Sattelaufliegern ist der Einsatz im kombinierten Verkehr jedoch jederzeit einfach möglich.
Wenn Sie eine Prognose wagen möchten: In welchem zeitlichen Rahmen könnte sich das Konzept EcoDuo als Alternativlösung für zumindest bestimmte Transportarten in Europa durchsetzen?
n den nordischen Ländern ist das heute schon der Fall. Spanien und die Niederlande testen bereits. In Deutschland haben wir uns politisch weiterentwickelt und wenn Bahn und Straße gemeinsam an der großen Herausforderung CO2-Einsparung arbeiten, dann kann es jederzeit losgehen.
Der Artikel erschien in der 2020er Ausgabe des Magazins VISION Transport.
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