Welche Zukunft hat der Diesel im Nutzfahrzeugbereich?

Diese Frage stellte Transport-Redakteur Robert Domina seinen Gästen. Die hatten sehr unterschiedliche Blickwinkel auf das Thema, waren sich aber in einem einig: der klassische Diesel ist eher ein Auslaufmodell, BEV alleine wird die Welt aber auch nicht retten.

Eine rege Diskussion über die Zukunft das Diesel moderierte Transport-Redakteur Robert Domina. (Secreenshot: HUSS-VERLAG)
Eine rege Diskussion über die Zukunft das Diesel moderierte Transport-Redakteur Robert Domina. (Secreenshot: HUSS-VERLAG)
Christine Harttmann

Manfred Schuckert, Haed of Regulatory Strategie bei der Daimler Truck AG, brachte des Pudels Kern auf den Punkt:

„Wir haben vielleicht den Strom, aber wir haben nicht die Wege, den Strom zu verteilen.“

Schuckert würde sich deswegen mehr Technologieneutralität wünschen, als er aktuell zu erkennen vermag. Er will auf die Batterieelektrische Antriebe ebenso wenig setzen, wie Jörg Hübeler, Head of Market Developement EU & APAC bei Neste. Der ehemalige Ölkonzern hat auf erneuerbare Kraftstoffe umgestellt. Zum Portfolio des Unternehmens gehören erneuerbare Flugkraftstoffe ebenso wie ein biogener Diesel, der ohne Anpassung der Motorstruktur sofort in Dieselfahrzeugen eingesetzt werden kann.

„Der Kraftstoff ist hier und jetzt als Lösung möglich“, wirbt Hübeler.

Mit dem regenerativen Diesel könne, dort wo er eingesetzt werde, auf einen Schlag 90 Prozent des CO2 eingespart. Dennoch, so rechnet Hübeler vor, werde dauerhaft eine Lücke klaffen, zwischen dem Gesamtbedarf an Rohöl und den verfügbaren regenerativen Ersatzstoffen. Hübeler geht von einem weltweiten Rohölbedarf von 4,8 Milliarden Tonnen bis 2040 aus. Etwa 2,8 Milliarden davon werden im Transport verbraucht – Luft, Wasser, Straße. Rund eine Milliarde wiederum, also etwa 40 Prozent, kann durch biogene Kraftstoffe ersetzt werden.

„Es verbleibt also nach wie vor die Notwendigkeit auch Individualverkehr, Last Mile-Transporte zu elektrifizieren“, sagt der Mann, dessen Geschäft regenerative Kraftstoffe sind.

Zu dem Technologiemix für den er wirbt gehören außerdem Wasserstoff und Power-to-Liquid.

Auch Keyou kann da mitgehen. Das Münchner Unternehmen will mit seiner Lösung die Verbrenner-Technologie weiterführen. Allerdings füllt es Wasserstoff anstatt Diesel in den Tank. Bei Batterieelektrischen Antrieben und Brennstoffzellen seien die hohen Preise noch ein echter Hemmschuh, erklärt Pierre Steffen, Buisiness Develpoment Components and H2 Supply Chain bei Keyou. Gerade deswegen sei der Markt bereit, zumindest in den kommenden Jahren die Technik des Verbrenners weiter zu führen. Das habe das Interesse an den Keyou-Fahrzeugen auf der IAA gezeigt. Besonders groß sei das Interesse für Off-Road-Anwendungen oder der Schwerlastverkehr auf Baustellen. Als Alleilmittel will Steffen die Lösung von Keyou aber nicht verstanden wissen:

„Wenn neben der Batterie und der Brennstoffzelle der Verbrenner auch eine Daseinsberechtigung hat, dann liegen wir richtig. Wir sind nicht unterwegs und sagen, es wird nur den Wasserstoffverbrenner geben.“

Auf die Frage woher der Brennstoff kommen soll, betont Steffen, dass man mit Partnern zusammenarbeite, die Wasserstoff mit grüner Energie produzieren wollen. Das wird nur schrittweise funktionieren, aber die Strategie von Keyou ist das sehr klar. Nachhaltig ist der Wasserstoffverbrenner nur, wenn der Tank mit regenerative Energie gefüllt wird.

Das sieht Harald Moll, Leiter Produktmanagement und Produktsupport von Iveco, recht ähnlich. Auch er setzt den Schwerpunkt auf CNG und LNG aus biogenen Abfallstoffen. Daraus könnten durchaus entsprechende Mengen generiert werden. Er plädiert auch dafür, das biogene Gas lieber direkt in den Tank zu füllen, anstatt damit Strom zu erzeugen, der dann wiederum den Akku eines Batterieelektrischen Lkw auffüllt.

„Es macht wenig Sinn, stationär Gas zu verbrennen, wenn ich einen Transportauftrag habe und das Gas am Lkw mitführen kann. Es ist dann deutlich ziehführender, es in dieser Form zu verbrennen.“

Die Herausforderung bisher habe noch darin gelegen, das Tankstellennetz aufzubauen. Das ist inzwischen geschafft. Jetzt liegt seit diesem Jahr bei den Betreibern der Tankstellen der Schwerpunkt verstärkt darauf, den Anteil biogener Kraftstoffe zu erhöhen.

Manfred Schuckert, der die Daimler Truck AG vertritt, hält wenig bis nichts von einer ambitionierten Weiterentwicklung des Diesels. Insbesondere hält er die Verschärfung der Euro VII-Norm, wie sie in Brüssel derzeit diskutiert wird, für überflüssig oder sogar hinderlich.

„Auch wir können den Euro nur einmal ausgeben“, betont Schuckert.

Daher würde er sich lieber auf die wesentlichen Themen fokussieren.

„Und die heißen bei uns batterieelektrische Mobilität und Wasserstoff.“