Digital und elektrisch

Im Rahmen der Veranstaltung „Clever Bodybuilder Solutions 2019“ im Sprinter-Werk in Ludwigsfelde hat Mercedes-Benz eine Reihe interessanter Lösungen seiner Aufbaupartner vorgestellt. Das Unternehmen sieht in Megatrends wie der Digitalisierung der Wirtschaft und der Elektrifizierung des Transports große Chancen für verschiedene Branchen.

So biete etwader Markt für Belieferungen mit frischen Lebensmitteln ein großes wirtschaftliches Potenzial. Doch der Transport der temperatursensiblen Güter erfordere eine optimale Nutzung und Kühlung des Laderaums. Das Fahrzeug müsse sich zudem in die Logistikkette einbinden lassen. Außerdem legten die Kunden besonderen Wert auf Nachhaltigkeit und CO2-Reduzierung. Ähnliches lasse sich laut Daimler auch in anderen Branchen beobachten: Angesichts des rasant wachsenden Onlinehandels verzeichneten etwa Kurier-Express-Paketdienstleister exponentielle Auftragszuwächse. Gleichzeitig sänken aber die Durchschnittserlöse pro Sendung.

Um all diese Anforderungen abzudecken, setzt Mercedes-Benz Vans auf die Zusammenarbeit mit den Aufbauherstellern. Präsentiert wurden insgesamt 34 Aufbauten.

Besonderes Highlight war ein Fahrzeug aus dem Bereich Lebensmittel-Onlinehandel: Mercedes-Benz Vans hat dafür gemeinsam mit dem Aufbauhersteller Kerstner auf Basis des eVito den „Polarfuchs“ entwickelt. Der City-Lieferwagen verfügt über einen elektrischen Antrieb und eine elektrisch betriebene Kühlanlage. Lebensmittel können damit lokal emissionsfrei ausgeliefert werden. Neu dabei ist, dass die Kühlanlage an das Fahrzeugbordnetz angeschlossen ist. Das minimiere den Bedarf an Zusatzbatterien, so der Hersteller.

Im September stellte der „Polarfuchs“ in einem vierwöchigen Pilotprojekt mit dem Kochboxanbieter „HelloFresh“ in Belgien seine Alltagstauglichkeit unter Beweis. Der „Polarfuchs“ konnte die Temperaturen im Laderaum (Frischedienst) laut Daimler trotz bis zu 50 Belieferungen pro Tour zuverlässig halten. Das Konzept für die lokal emissionsfreie Lieferung von temperatursensiblen Produkten soll zukünftig auch auf andere Branchen und Baureihen ausgeweitet werden.

Die Elektrifizierung des Portfolios ist künftig zentraler Bestandteil der Konzernstrategie bei Daimler. Marcus Breitschwerdt, Chef von Mercedes-Benz Vans, etwa versprach, dass künftig jedes Modell auch elektrifiziert angetrieben werden soll. Die sogenannte eDrive@VANs-Strategie startete mit dem eVito als Kastenwagen und Tourer, der bereits auf dem Markt erhältlich ist (Stromverbrauch kombiniert: 24,2 – 20,2 kWh/100 km; CO2-Emissionen kombiniert: 0 g/km).

Als zweites Modell soll Ende 2019 der neue Sprinter mit Elektroantrieb folgen. Bei der Veranstaltung in Ludwigsfelde wurde bereits der erste eSprinter mit Ausbaulösung vorgestellt. Die vollelektrisch angetriebene Version wurde vom Aufbauhersteller Spier mit dem Regalsystem „Eco Shelf 2.0“ ausgestattet, das speziell für den Einsatz bei Kurier-Express-Paketdienstleistern entwickelt wurde. Vollelektrische Antriebe gelten in der KEP-Branche als besonders wichtig, da sich die Dienstleister in besonderem Maße auf zunehmende Abgasrestriktionen auf der letzten Meile einstellen müssen.

Das elektrische Angebot bei Mercedes-Benz komplettieren soll nach dem eVito und dem eSprinter der eCitan. Der kleinste Van des Hauses ist zudem seit der ersten Jahreshälfte 2019 sowohl als Tourer als auch als Kastenwagen mit einem Vierzylinder-Dieselaggregat mit 1,5 Liter Hubraum, neuem Sechsgang-Schaltgetriebe und SCR-Technologie bestellbar. Die Motorenfamilie (OM 608) erfüllt die aktuelle Emissionsklasse Euro 6d-Temp und ist in drei Leistungsstufen erhältlich.

Die reine Fahrzeugentwicklung sei laut Mercedes-Benz Vans aber nur ein Teil der Elektromobilitätsstrategie. Ein weiteres Ziel sei die „Integration der Fahrzeuge in ein ganzheitliches Ökosystem“. Dafür entwickle das Unternehmen gemeinsam mit dem Kunden Betreiberkonzepte. Dazu gehören die Beratung bei der Auswahl des Fahrzeugs, die Unterstützung mit Tools wie der „eVAN Ready App“. Entscheidend sei für potenzielle Nutzer der elektrischen Vans außerdem die Analyse der organisatorischen und technischen Gegebenheiten vor Ort. Die Integration eines Ladeinfrastrukturkonzepts schaffe zudem erst die Voraussetzungen, um mit einem elektrifizierten Fuhrpark wirtschaftlich konkurrenzfähig zu bleiben.

Die Aufbauhersteller unterstützt Daimler mit seinem ABH-Portal. 7.800 Aufbauhersteller aus den Bereichen Vans, Trucks und Special Trucks nutzen das Portal für ihre tägliche Arbeit. Mit der Website „Conversion World“ richtet sich Mercedes-Benz hingegen an Endkunden. Dort finden sich besonders nachgefragte Standardlösungen, die in Zusammenarbeit mit Partnern entwickelt wurden.

Tobias Schweikl