Dicke Kabel statt volle Tanks

Eine Untersuchung des Ifeu-Instituts zeigt: Im Schwerverkehr ist der Oberleitungs-Lkw wirtschaftlicher als synthetische Kraftstoffe. Schon 2030 könnte sich der eHighway-Betrieb lohnen.

EHighway: Forscher des Ifeu-Institus erwarten, dass die Technik bis 2030 wirtschaftlich ist. Bild: Siemens
EHighway: Forscher des Ifeu-Institus erwarten, dass die Technik bis 2030 wirtschaftlich ist. Bild: Siemens
Christine Harttmann

Nachdem im Februar bereits das Öko-Institut den Oberleitungs-Lkw als die effizienteste Möglichkeit der Stromnutzung im Güterfernverkehr identifiziert hatte, kommt nun eine ähnliche Studie vom Ifeu – Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg. Demnach wäre der Ausbau von eHighways günstiger, als den Schwerverkehr auf synthetische Kraftstoffe umzustellen.

Auf stark befahrenen Autobahnabschnitten könnte der Oberleitungs-Lkw bereits ab 2030 wirtschaftlich attraktiv sein, prognostizieren die Forscher. Wenn es darum geht, CO2-Emissionen zu vermeiden, wäre diese Alternative deutlich günstiger, als ein Umstieg auf synthetische Kraftstoffe, so die Einschätzung. Rund 50 Prozent des klimaschädlichen Abgases ließe sich damit im Vergleich zum Diesel-Lkw einsparen, so die Forscher – Fahrzeug- und Infrastrukturherstellung sowie die Stromerzeugung mit eingerechnet. Auf besonders intensiv befahrenen Autobahnabschnitten wäre ein Oberleitungs-Basisnetz von 3.200 Kilometern Länge notwendig, damit laut der Prognose 9,2 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden können. Das entspricht laut dem Ifeu-Institut rund 20 Prozent der Gesamtemissionen des deutschen Straßengüterverkehrs. Noch mehr Einsparpotenzial ergäbe sich, wenn internationale Lkw-Verkehre den eHighway nutzen würden. Eine Kernfrage, mit der sich das Ifeu-Institut in seiner Forschungsarbeit befasste, war, ob sich ein Oberleitungs-Lkw-System mittelfristig wirtschaftlich tragen kann. Dabei berechneten die Wissenschaftler mögliche Markthochläufe nur anhand der Transporte, die als Pendelverkehre organisiert werden können und die sich damit besonders gut dafür eignen.

Einmal Mautkosten

Die notwendigen Mittel für ein Oberleitungs-Basisnetz von 3.200 Kilometern schätzen die Autorinnen und Autoren auf insgesamt etwa sieben Milliarden Euro, die über etwa zehn Jahre investiert werden müssten. Dieser Gesamtbetrag entspricht laut der Studie in etwa den jährlichen Einnahmen aus der Lkw-Maut.

„Unsere Rechnungen zeigen, dass nach etwa zehn bis 15 Jahren eine Gegenfinanzierung des Systems durch die eingesparten Betriebskosten der Nutzer möglich ist. Das System kann sich dann finanziell selbst tragen“, sagt Julius Jöhrens, Studienleiter am Ifeu-Institut. Bei ihren Berechnungen unterstellten die Expertinnen und Experten des Ifeu außerdem, dass die Lkw-Betreiber wirtschaftlich rational handeln und entsprechende Oberleitungs-Lkw am Markt sind.

„Dafür müssen die Flottenbetreiber und die Hersteller sich auf langfristige Vorgaben der Politik verlassen können“, hebt Julius Jöhrens hervor. Zentral sei dabei ein verlässlicher Aufbau der Infrastruktur sowie gezielte finanzielle Anreize in der Startphase. Das Ifeu habe, so Jöhrens, die Auswirkungen verschiedener Förderinstrumente untersucht. „Finanzielle Entlastungen wie eine Kaufprämie oder eine Befreiung von der Lkw-Maut helfen zum Start, werden aber mit einer steigenden Anzahl von Fahrzeugen sehr teuer und sollten daher nur befristet eingesetzt werden. Eine ambitionierte CO2-Bepreisung ist das sinnvollste Instrument für eine nachhaltige und für den Staat kostenneutrale Antriebswende.“

Oberleitungs-Lkw können die hohe Energieeffizienz von Elektrofahrzeugen erreichen, ohne deren typischen Nachteil einer batteriebedingt CO2-intensiven Fahrzeugherstellung in Kauf nehmen zu müssen. Der vergleichsweise geringe Materialaufwand wirkt sich auch auf die Kostenbilanz aus – ein Hybrid-Lkw mit Stromabnehmer rechnet sich laut der Studie im Jahr 2030 bereits dann, wenn lediglich ein Drittel der jeweiligen Strecke unter Oberleitung zurückgelegt wird. Das macht ihn auch gegenüber anderen CO2-Minderungsoptionen attraktiv.

Am Ende wirds ein Mix

„Gegenüber dem Einsatz von synthetischen Kraftstoffen (Power-to-Liquids) kann ein O-Lkw-System bereits dann etwa zehn Prozent Systemkosten einsparen, wenn die Oberleitungen allein durch besonders geeignete inländische Verkehre genutzt werden. Das hat uns selbst überrascht“, berichtet Jöhrens.

Der Aufbau eines Oberleitungsnetzes auf den deutschen Hauptstrecken kann damit unabhängig von einem möglichen späteren internationalen Systemausbau sinnvoll sein. „Ein O-Lkw-System spielt seine Kostenvorteile am schnellsten bei einer guten Auslastung aus“, so Jöhrens. „Darum sind die hoch frequentierten Strecken zwischen den Ballungszentren wie Hamburg, Berlin, Rhein-Main-Gebiet und Ruhrgebiet der beste Ausgangspunkt.“

Für wenig frequentierte Strecken seien voraussichtlich Antriebe günstiger, die nicht auf eine streckengebundene Energieinfrastruktur angewiesen seien. Hier könnten dann beispielsweise Brennstoffzellenantriebe zum Einsatz kommen. Langfristig erwarten die Experten daher einen Technologiemix im europäischen Güter-Fernverkehr. „Wir müssen von der Vorstellung wegkommen, dass es bei zukünftigen Lkw nur noch ein Antriebssystem geben wird“, sagt Jöhrens. „Sicher ist: Der O-Lkw stellt für einen bedeutenden Teil des schweren Straßengüterverkehrs eine ökonomisch wie ökologisch effiziente Lösung dar. Dieses Potential sollte man nutzen.“ha