von Claus Bünnagel
Effizienz ist alles im Thermomanagement für Elektrobusse. Jede Kilowattstunde Batterieenergie, die fürs Kühlen und Heizen eingesetzt werden muss, fehlt für den Fahrzeugantrieb und reduziert so die Reichweite. Das weiß man natürlich auch bei Konvekta. Mit der UL 500 CO2 Wärmepumpe – bzw. der Variante UL 600 – hat der nordhessische Thermomanagementspezialist 2018 eine im Vergleich zu anderen Lösungen für E-Busse hocheffiziente Anlage auf den Markt gebracht. Diese wird derzeit u.a. im Mercedes-Benz eCitaro und Solaris Urbino electric verbaut. Sie weist noch bei –20°C einen COP-Wert von 1,8 auf (COP = Verhältnis von erzeugter Kälte- bzw. Wärmeleistung zur eingesetzten elektrischen Leistung).
Damit hat Konvekta aber noch lange nicht das Ende der Fahnenstange im Rahmen seiner CO2-Wärmepumpen-Technologie erreicht. Zum einen möchte das Unternehmen in den nächsten drei Jahren die Einsatzrange bis –30°C „bei einem annehmbaren COP-Wert“ erweitern, so Philipp Lange, für den Vertrieb Ostdeutschland und Export zuständig. Auf diese Weise wird das Gerät auch für Kaltländer etwa in Skandinavien oder Osteuropa interessant, wo bislang energieaufwendig mit Elektro- oder Dieselzuheizern Wärme erzeugt werden muss. Zum anderen soll die CO2-Wärmepumpe noch effizienter im Verbrauch werden.
Energiefresser Heizung
Bevor wir auf das Thema Effizienz eingehen, betrachten wir zunächst die Ist-Situation, den Verbrauch der gegenwärtigen CO2-Wärmepumpen-Generation 2.0 von Konvekta in Relation zu alternativen Thermogeräten. Bei einem 12-m-Stadtbus, dessen Innentemperatur auf einen Sollwert von 20°C eingestellt und der mit rund 35 Passagieren bei bewölktem Wetter sowie einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h unterwegs ist, liegt der Energiekonsum der Anlage bei 5°C Außentemperatur bei einem Wert von ca. 0,10 kWh/km.
Der Temperaturbereich von 5°C ist deshalb interessant, da er die Schwelle markiert, unter der herkömmliche R134a-Wärmepumpen keine ausreichende Wärmeleistung mehr zur Verfügung stellen können und auf Zuheizer angewiesen sind. Schon hier liegt eine Elektroheizung mit einem COP-Wert von bestenfalls 0,9 bei einem Verbrauch von gut 0,20 kWh/km. Ein Dieselzusatzheizer für den E-Bus käme, den Kraftstoffeinsatz in Wärmeenergie umgerechnet, bei 5°C auf fast 0,40 kWh/km. Bei niedrigeren Außentemperaturen setzen sich die Kennlinien annähernd linear fort, sodass bei –20°C mit einem Verbrauch bei der CO2-Wärmepumpe von rund 0,55 kWh/km zu rechnen ist, bei der Elektroheizung jedoch von rund 1,25 kWh/km und beim Dieselgerät von 1,85 kWh/km.
Der Dieselzuheizer ist somit nur auf den ersten Blick eine elegante (Not-)Lösung – nämlich wenn man nur die Reichweitenfrage im Blick hat. Denn er benötigt ja keine elektrische Energie aus der Fahrzeugbatterie. Dagegen ist seine Umweltbilanz nicht eben schmeichelhaft. Ein solches Gerät in einem Bus mit R134a-Wärmepumpe verbraucht in der mitteleuropäischen Klimazone rund 2.300 l, als Ergänzung für eine übliche Klimaanlage auf R134a-Basis sogar im Schnitt 2.700 l. Aufgrund der Masse des eingebundenen Luftsauerstoffs im Diesel erzeugt die Verbrennung von 1 l Diesel genau 2,65 kg CO2. Somit emittiert die Zusatzheizung durchschnittlich 7,16 t CO2 im Jahr und 68,36 kg NOx.
Auch der Elektroheizer kommt in seiner Bilanz im Vergleich zur CO2-Wärmepumpe nicht gut weg – aus Kostengründen. Denn sein Einsatz bedeutet bei 6.500 Betriebsstunden und einem Stromkilowattpreis von 15 ct einen Mehraufwand von 9.425 kWh oder 1.414 Euro pro Jahr. Über einen Zeitraum von zwölf Jahren entspricht dies 16.965 Euro im Betrieb. Damit ließ sich der um zwei- bis dreifach höhere Kaufpreis einer CO2-Wärmepumpe gegenüber einer herkömmlichen Busaufdachklimaanlage wenigstens teilweise amortisieren. Zumal sie ja anteilig auch in den Bundesmitteln für E-Busse ebenso gefördert wird wie in den Landesprogrammen. Im Rahmen letzterer gibt es ganz konkret über das BAFA bei der Verwendung von CO2-Wärmepumpen-Modulen von Konvekta pro Fahrzeug zwischen 4.000 Euro für einen Solo- und bis zu 6.500 Euro für einen Gelenkbus.
Mehr noch: Da die Wärmepumpe gegenüber etwa einem Elektroheizer deutlich energieeffizienter ist, kann auch die Batteriekapazität kleiner ausfallen – um ca. 16,5 kWh. Das spart nach Berechnungen von Konvekta bei einem Kilowattstundenpreis von 550 Euro für NMC-Akkus weitere rund 18.250 Euro ein – bei berücksichtigtem Batteriewechsel nach ca. fünf bis acht Jahren. Zudem kann man auch damit rechnen, dass durch eine künftige Massenproduktion der CO2-Wärmepumpe die Komponentenpreise deutlich sinken dürften.
Pilotversuch der Üstra
Wie sehr die Reduzierung des Energieeinsatzes fürs Thermomanagement geboten scheint, zeigt ein Pilotversuch der Üstra mit drei Solaris Urbino 12 electric in Hannover. Die per Pantograf geladenen OppCharger mit 125 kWh Batterienennkapazität waren dabei auf einer 16 km langen Linie jeweils rund 55 min. unterwegs, also mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 17,46 km/h. Ohne Thermomanagement lag der Verbrauch auf der Strecke – ohne Ladeverluste – für Antrieb und Nebenverbraucher bei 1,18 kWh/km, bei durchschnittlicher Heizleistung bei 1,46 kWh/km. Diese Werte decken sich ziemlich exakt mit denen eines E-Bus-Vergleichs, an dem wir teilgenommen haben und bei dem auch der Solaris Urbino 12 electric zur Testfahrzeugriege zählte.
So weit, so gut. Das Problem hinsichtlich der Reichweitenproblematik sind somit nicht die Durchschnittswerte im Jahr, sondern die Spitzen, denn die definieren die Auslegung der Batteriekapazität. Im ungünstigsten Fall, der folgerichtig die Berechnungsgrundlage darstellt, beträgt der Energieaufwand für die Traktion und Nebenverbraucher 1,39 kWh/km, der für die Heizung 1,08 kWh/km, zusammen also 2,47 kWh/km und damit mehr als doppelt so viel gegenüber dem Einsatz ohne Heiz- oder Kühlbedarf. In diesem Worst-Case-Fall konsumiert der E-Bus also nur für einen Umlauf von 16 km rund 39,5 kWh/km, bei Klimatisierung im Sommer maximal ca. 25 kWh/km.
Was beim OppCharger nicht das ganz große Problem darstellt, wird für den Depotcharger zu einer echten Hürde. Denn bei angenommenen 16 Umläufen am Tag oder 256 km müsste das Akkupaket eine Größe von rund 640 kWh aufweisen, mit Vorkonditionierung des Fahrzeugs womöglich etwas weniger. Bei Verwendung einer CO2-Wärmepumpe sänke der Energiebedarf für die Heizung um knapp 50 %, läge aber immer noch bei rund 1,94 kWh/km, ca. 31 kWh pro Umlauf und knapp 500 kWh am Tag – angesichts der derzeitigen technischen Möglichkeiten und des Preis-Leistungs-Verhältnisses immer noch deutlich zu viel.
Es scheint daher dringend geboten, die Energieverbrauchsspitzen zu reduzieren. Konvekta hat daher mehrere Lösungspfade eingeschlagen, um die Reichweiten- und Kostenproblematik abzumildern. Ein vielversprechender Weg nennt sich „Energy Collect“.
Dabei wird beispielsweise Abwärme aus den Achsen oder aus der Batterie verwendet, um den Fahrzeuginnenraum zu heizen. Hier kommt Konvekta die Bauweise seiner CO2-Wärmepumpe entgegen, die auf Luft-Wasser-Basis arbeitet und in der rund 65 l Wasser als Medium systemimmanent zirkulieren. Gerade bei der Rekuperation fällt „Wärmeabfall“ an. Das Unternehmen beziffert die mögliche Wirkungsgraderhöhung auf 15 bis 20 %. Im Laufe des kommenden Jahres soll „Energy Collect“ serienreif sein. Weitergedacht: Noch effektiver wäre diese Wärmerückgewinnung bei Wasserstoffbussen, deren Brennstoffzelle sehr starke Abwärme produziert. Einen Nachteil besitzt die Lösung des „Energy Collect“ jedoch: Sie kann nur in enger Zusammenarbeit mit dem Fahrzeughersteller umgesetzt werden, da aktiv ins Antriebsmanagement – Achsen, Batterien oder auch Brennstoffzelle – eingegriffen werden muss.
Heat2Go dank Paraffin
Konvekta arbeitet daher intensiv an einem ergänzenden System. „Heat2Go“ nennen die Nordhessen ihren Latentwärmespeicher. Aktuell getestet wird er im EDDA-Versuchsträgerbus des Fraunhofer-Instituts für Verkehrs- und Infrastruktursysteme IVI in Leipzig. Diese Wärmespeicherheizung kann während der 250-kW-Pantografenladung innerhalb von sechs Minuten bei einer Ladeleistung von 100 kW mit Energie versorgt werden. Auch ist eine Vorkonditionierung des thermischen Speichers im Depot möglich. Als Speichermedium dient Paraffinwachs. Über eine Stunde kann es bei einer Kapazität von 10 kWh Wärme an das Wasser der Heizung abgeben. Das Wachs schmilzt bei 70°C, kann im Extremfall jedoch bis zu 140°C heiß werden. Es ist nicht gesundheitsgefährdend, verfügbar, günstig und wird aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt.
Um den Sollwert von 18°C im Fahrzeuginnern zu erreichen und eine geforderte Heizleistung von 15 kW zu gewährleisten, würde in weiten Teilen Europas die genannte Systemgröße von 10 kWh ausreichen. Das gilt beispielsweise für Städte wie Berlin, Zagreb oder Ankara. Größer ausgelegt werden müsste die Anlage in Moskau oder Reykjavik, so die Simulationsergebnisse. In der deutschen Hauptstadt beispielsweise müssen Busse über eine jährliche Betriebszeit von etwa 2.500 Stunden beheizt werden. An gut 1.000 Stunden wird lediglich eine Heizleistung von bis zu 5 kW benötigt, an weiteren ca. 1.250 bis zu 10 kW. Nur knapp 250 Betriebsstunden erfordern einen Wärmebedarf von bis zu 15 kW.
100-prozentig recycelbar
Im EDDA-Bus ist der Latentwärmespeicher auf dem Radkasten hinter dem Fahrerarbeitsplatz untergebracht. In einer künftigen seriellen Anwendung sollen stattdessen sechs Module unter Sitzbänken im Fahrzeug verteilt werden. Zusammen würden sie rund 260 kg wiegen – was allerdings zum gegenwärtigen Projektstand noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, sprich das Gewicht dürfte noch sinken. Circa 35 kg Paraffin dürfte dann jedes Modul enthalten. Mögliche auftretende Wärmeverluste an den Modulen sollten kein Problem bereiten, da dies eine ungewollte, aber immerhin passive Beheizung des Innenraums darstellt.
Die Wärmespeicherheizung könnte in einem Gelegenheitslader die einzige Wärmequelle darstellen, weil sie genügend Heizleistung zwischen den einzelnen Gelegenheitsladungen bereitstellen kann. In einem Depotlader würde sie die CO2-Wärmepumpe unterstützen. Einzelne Wärmespeichermodule können dann ergänzend zur Wärmepumpe eingesetzt werden, um Spitzenlasten abzudecken.
„Heat2Go“ bietet darüber hinaus auch einen wirtschaftlichen Vorteil. Erinnern wir uns an die oben aufgemachte Rechnung, dass 33 kWh NMC-Batteriekapazität rund 18.250 Euro kosten. Geht man von möglichen 3.000 bis 5.000 Vollzyklen eines solchen Akkus aus, muss ein Batteriewechsel innerhalb einer Betriebszeit von zehn bis zwölf Jahren einkalkuliert werden, was die Kosten zwar nicht verdoppeln, aber weiter erhöhen würde. Zudem muss der Preis für einen Elektroheizer von ca. 3.000 Euro eingerechnet werden, der ohne Wärmespeicherheizung benötigt würde. Dagegen käme diese mit Anschaffungskosten von unter 20.000 Euro deutlich günstiger. Außerdem ist sie wartungsarm und nach Ende der Buslebensdauer hundertprozentig recycelbar.
„Energy Collect“ und „Heat2Go“ sind nicht die einzigen Lösungsansätze von Konvekta zum Thermo- und Reichweitenproblem von E-Bussen. So überlegt man, nicht den gesamten Businnenraum zu beheizen oder zu kühlen, wie es bislang üblich ist, sondern mit Hilfe von Sensorsystemen gezielt Passagieren Wärme bzw. Kühlung zukommen zu lassen. So könnte man besetzte Sitze klimatisieren oder beheizen. Auch wird der Einsatz von Infrarotheizern in Erwägung gezogen.
Alternative Kältemittel
Des Weiteren forschen die Entwickler beim Thermomanagementspezialisten an der Verwendung alternativer Kältemittel. Denn CO2-Anlagen haben eben den Nachteil, schwerbauend zur Bewältigung der hohen systemimmanenten Drücke und derzeit noch teuer zu sein sowie bei hohen Temperaturen von mehr als 40°C in Heißländern an ihre Grenzen zu stoßen. Kaum eine Option dürfte das in Pkw-Klimaanlagen verwendete HFO-1234yf darstellen, da es mit Kilopreisen von momentan 100 Euro für den Bus unwirtschaftlich ist und nur einen Einsatzbereich bis –5°C abdecken kann.
Die Konvekta-Techniker sind immer bestrebt, weitere Alternativen zu finden. So hat man z.B. auch Propan (R290) getestet, das mit einem GWP (Global warming potential) von 3 ähnlich umweltfreundlich wie CO2 ist, einen weiten Einsatzbereich von –20 bis +45°C aufweist und bei Kilopreisen von 5 bis 10 Euro nur geringe Kosten verursacht. Propan besitzt allerdings zwei gravierende Nachteile, die vor einer Verwendung in Busklimaanlagen bzw. -wärmepumpen beherrscht werden müssten. Zum einen ist es leicht entzündbar sowie explosiv und wird nicht umsonst zur A3L-Gefährdungsklasse gezählt. Zum anderen besitzt es einen VOC-Gehalt von 100 %, unterstützt also unter Einwirkung von Sonnenlicht die Entstehung bodennahen Ozons. Im Straßenverkehr mit seinem latenten Unfallrisiko müssten beide gravierenden „Nebenwirkungen“ demnach unbedingt beherrschbar sein, bevor Propan in der Busklimatisierung zum Einsatz käme.
Fazit: Mit dem Serienanlauf der CO2-Wärmepumpe hat die Ideenschmiede aus Schwalmstadt ein Ausrufezeichen gesetzt, aber längst noch nicht das letzte Wort hinsichtlich eines umweltfreundlichen, komfortablen und effizienten Thermomanagements in elektrifizierten Bussen gesprochen. In den nächsten Jahren dürften weitere wichtige Evolutionsschritte von Konvekta zu erwarten sein. ■
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