Europa beschließt Verbrenner-Aus - VDA kritisiert geplante CO2-Regulierung für Lkw - Kritik aus Industrie und Umweltverbänden

Das Europäische Parlament hat das Verbrenner-Aus für Pkw in Europa endgültig besiegelt. Zugleich hat die Europäische Kommission einen Vorschlag präsentiert, der auch bei Lkw die Daumenschrauben anlegt. Anreize statt Verbote – das wünscht sich der VDA von der EU, wenn es darum geht, den Schwerlastverkehr emissionsfrei zu machen. Es brauche außerdem ein dichtes Netz von Elektrolade- und Wasserstofftankstellen. Ein Verbrennerverbot sei nicht "zielführend". Mit viel Kritik haben Industrie und Umweltverbände den Vorschlag aufgenommen.

Auch für Verbrenner-Lkw könnte es nach dem Vorschlag der Kommssion eng werden ab 2024. | Foto: Guillaume Périgois, unsplash.com
Auch für Verbrenner-Lkw könnte es nach dem Vorschlag der Kommssion eng werden ab 2024. | Foto: Guillaume Périgois, unsplash.com
Christine Harttmann

Mehrheitlich votierte das Europäische Parlament in seiner Sitzung am 14. Februar 2023 für die Zielvorgaben von null Prozent CO2-Ausstoß für Pkw und Lieferwagen ab 2035. Mit 340 zu 279 Stimmen hat das Europäische Parlament mehrheitlich dem Trilog-Ergebnis zu den CO2-Flottengrenzerten für Pkw und Kleintransporter zugestimmt. Damit dürfen ab 2035 keine Pkw- und Lieferwagen-Verbrenner mehr in der EU zugelassen werden. Die Hersteller bleiben noch gut zehn Jahre für die Transformation hin zur Elektromobilität. Für den Weg dahin hat die EU einige Zwischenziele definiert. So gilt für 2030, dass die Flottengrenzwerte bei Pkw um 55 Prozent und bei Kleintransporter um 50 Prozent im Vergleich zu den Werten für 2021 sinken sollen.

In das Gesetzt geschafft hat es allerdings der sogenannte „Ferrari-Text“. Hersteller, die pro Kalenderjahr nur kleine Mengen produzieren – also 1000 bis 10.000 neue Pkw oder 1000 bis 22.000 neue leichte Nutzfahrzeige –, können bis 2035 von den Verpflichtungen ausgenommen werden. Wer weniger als 1.000 Neufahrzeuge pro Jahr produziert, ist auch in Zukunft davon ausgenommen.

Ein vollständiges Verbrenner-Aus für den Lkw, wie von einigen gefordert, wird es hingegen vorerst nicht geben. Der aktuelle Kommissionsvorschlag fordert für Lkw und Busse, die Emissionen am Auspuff um 45 Prozent bis 2030, um 65 Prozent bis 2035 und um 90 Prozent bis 2040 zu senken. Allerdings soll für Stadtbusse eine 100-prozentige Reduzierung der Emissionen ab 2030 gelten.

„Europa meldet sich zurück im Rennen um die reichweitenstärksten Batterien und modernsten Autos. Denn jetzt haben wir einen klaren Rahmen für die Autoindustrie gesetzt, der Kurs auf die Elektromobilität nimmt. Die Industrie braucht Planungssicherheit – und diese geben wir ihr: Der Verbrenner ist Geschichte, ab 2035 werden keine mehr zugelassen“, freute sich Michael Bloss, industrie- und klimapolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament.

Der Politiker betont, dass den Herstellern über zehn Jahre Zeit für den Umbau bleibe.

„Wer jetzt noch auf das Verbrenner-Pferd setzt, gefährdet den Industriestandort Deutschland und Europa. Wir müssen uns nun um den Aufbau der Batteriefabriken und Ladeinfrastruktur kümmern. Hier haben wir noch Nachholbedarf“, so Bloss.

Dass sich die Kommission zu keinem Verbrenner-Aus für Lkw durchringen konnte, bedauert der Europa-Parlamentarier hingegen.

„Mit diesem Vorschlag gefährdet die Kommission ihr eigenes Klimaziel, bis spätestens 2050 klimaneutral zu werden“, so Bloss

Etwas anders sieht es Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing von der FDP. Er macht sich weiter für eine technologieoffene Herangehensweise stark:

„Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir uns alle Möglichkeiten und Technologien offenhalten. Europa hat sich darauf verständigt, dass von 2035 an nur noch klimaneutrale Pkw auf den Markt kommen sollen. Wir dürfen dabei nicht auf E-Fuels verzichten. Sowohl für die Bestandsflotte als auch für neue Fahrzeuge bieten E-Fuels klimaneutrale Mobilität mit Verbrennungsmotoren. Das gilt auch für Lkw und Busse.“

Mit sehr deutlicher Kritik reagierte der Europaabgeordnete und verkehrspolitische Sprecher der CSU-Europagruppe im Europäischen Parlament, Markus Ferber:

„Mit dem heutigen Vorschlag werden analog zu den Pkw nun auch die Flottengrenzwerte für Lkw stückweise eingeleitet. Auch wenn die Kommission mit ihrem 90 Prozent bis 2040 Ziel kein totales Verbrennerverbot vorschlägt, so ist die Messe im Parlament und im Rat alles andere als gelesen.“

Sozialdemokraten, Linken und Grünen sei es beim Pkw bereits gelungen, ein komplettes Verbot des Verbrenners durchsetzen.

„Koppelt man das Verbrennerverbot für Pkw an den Vorschlag für Flottengrenzwerte für Lkw, ist der letzte Nagel im Sarg des Verbrennungsmotors quasi versiegelt“, fürchtet Ferber.

Das regulatorische Korsett werde dabei immer enger geschnürt. Der CSU Politiker kritisiert weiter:

„Europa hat die Chance verpasst mit Regulierung die richtigen Anreize zu setzen und Mobilität sowie Technologieneutralität zu fördern. In Brüssel droht sich abermals Verbotspolitik statt Technologieoffenheit durchzusetzen.“

Enttäuscht zeigte sich auch der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK).

„Wer schnelle Erfolge bei der CO2-Reduktion erzielen will, muss den aktuellen Fahrzeugbestand in den Blick nehmen“, betont ZDK-Präsident Jürgen Karpinski.

In Deutschland seien das rund 46 Millionen Pkw und weltweit 1,2 Milliarden Pkw mit Verbrennungsmotoren.

„Mit E-Fuels, erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen, könnten alle diese Fahrzeuge klimaneutral angetrieben werden, und die bestehende Tankstellen-Infrastruktur wäre vorhanden. Dieser Weg wird durch das Parlaments-Votum verbaut. Das ist realitätsfern, denn in zahlreichen anderen Märkten außerhalb Europas werden auch nach 2035 noch viele Fahrzeuge mit Kolbenmotoren zugelassen werden.“

Extrem ambitioniert: VDA kritisiert geplante CO2-Regulierung für Lkw

Mit deutlicher Kritik reagiert der Verband der Automobilindustrie VDA auf den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Regulierung der CO2-Emissionen für Lkw.  Der Verband verweist darauf, dass er ein Verbrenner-Verbot für „nicht zielführend“ hält, den Ausbau von E-Lade- und Wasserstofftankstellen für Nutzfahrzeuge dagegen für „essenziell“. Die Industrievertreter plädieren lieber für Anreizsysteme, um den Hochlauf alternativer Antriebe zu beschleunigen. Mit Blick auf die „bisher leider nur unzureichend vorhandene Lade- und Wasserstoffinfrastruktur“ sei der vorgelegte Gesetzesentwurf ausgesprochen ambitioniert, kommentierte VDA-Präsidentin Hildegard Müller die Brüsseler Entscheidung.

„Die EU verschärft die CO2-Grenzwerte deutlich, ohne dabei notwendige flankierende Maßnahmen zu verabschieden und damit einen tatsächlich realisierbaren Hochlauf alternativer Antriebe sicherzustellen. Im Klartext: Ohne Tempo und Entschlossenheit bei den notwendigen Rahmenbedingungen, insbesondere die entsprechenden Investitionen in die Infrastruktur, wird das Ziel kaum erreichbar sein“, begründet die Chef-Lobbyisting der deutschen Automobilindustrie ihre Kritik.

In seiner Pressemeldung erklärt der VDA außerdem die konkreten Auswirkungen des Brüsseler Beschlusses für die Industrie. Mit den neuen Flottenzielen werden ab 2030 mehr als 98 Prozent des Schwerlastverkehrs im Hinblick auf CO2-Emissionen reguliert sein. Bisher seien es 73 Prozent gewesen. Dass dies die bisherige Regelungslücke schließt, befürwortet der VDA.

Weniger positiv beurteilt er das neue Ziel der EU-Kommission, bis 2040 die vorgesehene Reduktion des Flottengrenzwerts auf 90 Prozent gegenüber 2019 zu erhöhen. Als „sehr ehrgeizig“ bezeichnet der VDA die neue Zielmarke. Als Zwischenetappe sollen es 2030 bereits 45 Prozent sein und für 2035 sind sportliche 65 Prozent angesetzt, führt der VDA weiter aus.

Unstrittig ist dabei auch für den Lobby-Verband, dass das Potential, CO2-Emissionen durch emissionsfreien Schwerlastverkehr zu vermeiden, enorm ist. Schwere Lkw und Busse stoßen derzeit rund ein Drittel der CO2-Emissionen im Straßenverkehr aus. In Europa fahren 8,1 Millionen schwere Lkw und Busse. Bis 2030 werden es voraussichtlich knapp zehn Millionen sein.

Wenn nun allerdings die EU-Kommission ihren ehrgeizigen Plan umgesetzt sehen will, muss sie, darauf pocht Müller, für die notwendigen Rahmenbedingungen sorgen und diese vor allem strategisch zusammendenken.

„Das heißt: Damit ehrgeizige Ziele auch tatsächlich erreicht werden können, ist – neben einem ausreichenden Angebot von Fahrzeugen, zu dem wir uns verpflichten – vor allem ein ausreichend dichtes Netz von Elektrolade- und Wasserstofftankstellen für schwere Nutzfahrzeuge in ganz Europa notwendige Voraussetzung.“

Von einer reinen Verschärfung der CO2-Grenzwerte hält Müller also nichts. Die werde nicht zum Umstieg befähigen, sondern lediglich, so ihre Befürchtung, die Nutzung von Lkw und Bussen mit konventionellem Antrieb unmöglich machen.

„In der Nutzfahrzeugbranche besteht ohnehin ein hohes Kostenbewusstsein. Somit werden CO2-emissionsfreie Lkw und Busse erst dann in hohen Stückzahlen in die Fuhrparks aufgenommen, wenn batterieelektrische oder mit Wasserstoff betriebene Fahrzeuge auf der Straße profitabler fahren als solche mit konventionellem Motor“, ist Müller überzeugt.

Die Flottenerneuerung hin zu CO2-emissionsfreien Fahrzeugen könne flächendeckend folglich erst dann geschehen, wenn genügend Anreize für Speditionen und Verkehrsbetriebe geschaffen werden. Müller spricht in diesem Zusammenhang von Förderungen, Mautbefreiungen und Steuererleichterungen für Null-Emissions-Lkw und -Busse.

„Nur so wird es gelingen, Speditionen und Verkehrsunternehmen zu ermutigen und zu befähigen, ausreichend in CO2-emissionsfreie Fahrzeuge zu investieren.“

EU-CO2-Grenzwerte für Lkw: Kein Lob, dafür viel Tadel

Geht es nach dem Willen der Europäischen Kommission, dann sollen ab dem Jahr 2035 Lkw 45 Prozent weniger CO2 ausstoßen, als im Jahr 2019. Fünf Jahre später, im Jahr 2035, sollen es schon 65 Prozent weniger sein. Bis 2040 müssten neue Lkw ihre CO2-Emissionen bereits um 90 Prozent senken. Alle Stadtbusse müssten schon 2030 vollständig emissionsfrei sein.

Die Kommission will so den Ausstoß des klimaschädlichen Gases im Verkehrssektor verringern. Denn auf Lastkraftwagen, Stadtbusse und Reisebusse entfallen immerhin rund sechs Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen der EU. Innerhalb des Straßenverkehrs liegt der Anteil bei über 25 Prozent.

Ein Vorschlag, den der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik nicht recht goutieren will. Nutzfahrzeugflotten mit Verbrennermotoren würden damit sukzessive verdrängt, so die Kritik. Dies sei eine klare Abkehr vom Prinzip der Technologieoffenheit. Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des Verbandes spricht davon, dass der Weg für Alternativen zur Emissionsreduzierung verbaut würde. Aus der Perspektive der Logistik sei für den Betrieb von Lkw-Flotten ein echter Umweltvorteil sowie die Total Costs of Ownership relevant. Es komme aber auch darauf an, dass Auflade- und Betankungsinfrastrukturen für grüne Energie flächendeckend und europaweit vorhanden seien – völlig unabhängig von der dahinterstehenden Antriebstechnologie.

„Wenn die europäischen CO2-Minderungsziele Realität werden sollen, müssen Kommission, EU-Parlament und -Rat die Wechselwirkungen ihrer Entscheidungen im Auge behalten. Die Verschärfung der CO2-Flottengrenzwerte für Nutzfahrzeuge muss zwingend mit dem Ausbauhochlauf für ein leistungsfähiges Lkw-Ladenetz in sämtlichen Mitgliedstaaten synchronisiert werden“, so Husters eindringliche Forderung.

Das "Common Office" von BGL, FNTR und NLA erkennt immerhin an, dass die Europäische Kommission auf die Argumente des Straßenverkehrssektor eingegangen ist, indem sie ein 90%-iges CO2-Reduktionsziel für schwere Nutzfahrzeuge für 2040 im Vergleich zu 2019 eingeführt hat. Damit bleibe eine "kleine Tür offen" für neue Lkw mit (klimaneutralen) Verbrennungsmotoren, statt eines kompletten Verbrennungsmotorverbots ab 2040.

"Der Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe für schwere Nutzfahrzeuge steht jedoch erst ganz am Anfang. Angesichts der sehr ehrgeizigen CO2-Ziele liegt es daher nun am Markt und an den EU-Mitgliedstaaten, gleichermaßen ehrgeizig zu sein beim Sicherstellen einer ausreichenden Infrastruktur zur Verteilung der alternativen Kraftstoffe in der Fläche wie eines angemessenen Energienetzes in Europa", urteilen die Verbände.

Eine genaue Überwachung der Fortschritte beim Umsetzen der ehrgeizigen Ziele werde wichtig sein, um sicherzustellen, dass die Logistikketten nicht unterbrochen werden. Batterieelektrische und wasserstoffbetriebene Lkw kosten in absehbarer Zukunft immer noch das 2- bis 5-fache eines Lkw mit Verbrennungsmotor. Daher sei weiterhin finanzielle Unterstützung für Transportunternehmen wichtig, um die Umstellung zu vollziehen, bevor die neuen Technologien auch wirtschaftlich umsetzbar seien.

Wie andere Akteure der Branche fordert das „Common Office“ seit langem die Anerkennung erneuerbarer und ökologisch nachhaltiger Kraftstoffe neben Batteriestrom und Wasserstoff in der CO2-Verordnung der EU für schwere Nutzfahrzeuge (HDV). Womit Transportunternehmen die in den kommenden Jahren kurzfristig verfügbaren Optionen – einschließlich erneuerbarer und klimaneutraler Kraftstoffe – nutzen könnten, ohne die Produktivität zu verringern oder die Stabilität der Lieferketten zu gefährden.  

"Wir bedauern, dass im heutigen Vorschlag weitere klimaneutrale Kraftstoffe keinen angemessenen Platz gefunden haben", so die Verbände.

Auch Reinhard Zirpel, Präsident des Verbandes der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK), bemängelt die fehlende Tank- und Ladeinfrastruktur. Er findet, dass die Kommission mit ihrer Forderung „weit über das Ziel hinaus“ schieße. Vor allem aber bemängelt der VDIK, dass gleichzeitig die Abgasnorm Euro VII vorangetrieben werden soll. Das passe nicht zusammen, so Zirpel:

„Die Kommission will nun einerseits den Verbrennungsmotor für schwere Nutzfahrzeuge auslaufen lassen. Andererseits sollen die Hersteller durch scharfe Abgasnormen zu neuen umfangreichen Investitionen in diese Technologie gezwungen werden.“

Besonders wichtig ist nach Ansicht des VDIK darüber hinaus, dass die geplante Regulierung die Vielfalt des Nutzfahrzeugmarktes berücksichtigt. Vom Fernverkehrs-Lkw bis zum Baustellenfahrzeug bestehe der Schwerlastverkehr aus sehr unterschiedlichen Transportsegmenten.

Der Verband der Europäischen Automobilhersteller (ACEA) hält außerdem mehr Anreize und einen CO2-Preis für notwendig Zutaten, wenn Europa die höheren Minderungsziele erreichen will. Martin Lundstedt, Vorsitzender des Nutzfahrzeugausschusses des ACEA und CEO der Volvo Group, sagt, es sei „sehr ehrgeizig“, wenn bis 2030 eine CO2-Minderung von 45 Prozent erreicht werden soll.

Er argumentiert gleich mit konkreten Zahlen. Mehr als 400.000 emissionsfreie Lkw müssten dann bis dahin auf der Straße sein und jährlich mindestens 100.000 neue emissionsfreie Lkw zugelassen werden. Dazu müssten innerhalb von nur sieben Jahren über 50.000 öffentlich zugängliche, für Lkw geeignete Ladestationen in Betrieb gegangen sein, davon etwa 35.000 Hochleistungsladestationen. Zusätzlich würden rund 700 Wasserstofftankstellen benötigt.

„Angesichts der Tatsache, dass Ladestationen, die auf die spezifischen Bedürfnisse von Lkw zugeschnitten sind, heute fast vollständig fehlen, ist die Herausforderung enorm“, fasst der ACEA-Generaldirektorin, Sigrid de Vries, zusammen.

Er fürchtet, dass am Ende die Fahrzeughersteller hohe Strafen zahlen müssen, wenn andere Interessengruppen ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Transportunternehmen müssten ihre emissionsfreien Fahrzeuge daher rentabler betreiben können, als den herkömmlichen Diesel-Lkw.

„Wenn dies nicht schnell geschieht, werden die Betreiber unsere Fahrzeuge nicht kaufen, und infolgedessen werden wir die CO2-Ziele einfach nicht erreichen können“, so Lundstedt.

Der Weltverband IRU stellt gar die Realisierbarkeit der Minderungsziele in Frage und hebt hervor, wie wichtig Technologieoffenheit gerade für den Schwerverkehr ist. Das von der Kommission vorgeschlagene 90-Prozent-Ziel ist für die für die EU-Lobbyarbeit verantwortliche Direktorin Raluca Marian insofern ein Lichtblick, weil es ein besserer Ausgangspunkt für die Diskussionen der Gesetzgeber sei als ein 100-Prozent-Ziel. Sie fordert den Gesetzgeber dazu auf, nun auch kohlenstoffneutralen Kraftstoffen eine echte Chance zu geben.

„Unabhängig von ihrer Herkunft haben kohlenstoffneutrale Kraftstoffe ein wesentliches Element gemeinsam: Bei ihrer Verbrennung wird weitgehend die gleiche Menge an CO2 freigesetzt, die bei ihrer Herstellung aus der Atmosphäre aufgenommen wurde, wodurch die CO2-Emissionen ausgeglichen werden.“

Die IRU schlägt damit in dieselbe Kerbe, wie die eFuel Alliance, die davor warnt, dass der Kommissionsvorschlag die Anrechnung erneuerbarer Kraftstoffe außen vor lässt. Dabei würden erneuerbare Kraftstoffe wie eFuels genauso wie direktelektrische Anwendungen über ein erhebliches Klimapotenzial verfügen. Auch sie könnten den Ausstieg aus fossilen Kraftstoffen im europäischen Verkehr beschleunigen.

„Der Schwerlastverkehr deckt unterschiedlichste Mobilitätsbedürfnisse von Spediteuren, Logistikunternehmen, Kommunen, Handelsketten und Schwertransporten ab. Hier Handlungsoptionen und Flexibilität einzugrenzen, gefährdet einen effizient funktionierenden Binnenmarkt und damit die Resilienz der europäischen Wirtschaft.“, gibt Ralf Diemer, Geschäftsführer der eFuel Alliance, zu bedenken.

Den Reaktionen der Industrie diametral entgegengesetzt ist die Kritik von Transport & Environment. Der Think Tank für verkehrspolitische Fragen und Klimaschutz spricht von einem „Rückschlag für den Klimaschutz“. Die EU scheue sich, dem Verkauf umweltschädlicher Lkw eine Frist zusetzen. Das EU-Ziel der Klimaneutralität würde damit ins Unerreichbare rücken. Mit dem 90-Prozent-Ziel für das Jahr 2040 seien auch zehn Jahre später, also im Jahr 2050, noch Diesel-Lkw auf Europas Straßen unterwegs. Daher fordert T&E die EU-Abgeordneten und Regierungen dazu auf, die Frist für emissionsfreie Lkw umgehend auf das Jahr 2035 zu legen.

„Das Versäumnis, eine Frist für umweltschädliche Lkw festzulegen, ist eine Absage an die Zukunft der Lkw-Hersteller in Europa. Sollte der Plan so als Gesetz verabschiedet werden, dann würden europäische Hersteller den internationalen Anschluss verlieren und sich der Boom der Elektroautos nicht im Lkw-Sektor wiederholen. Deutsche Hersteller sind führend bei emissionsfreien Lkw. Ohne eine klare EU-Frist werden Investitionen nicht schnell genug umgeleitet. Dabei werden bis 2035 praktisch alle neuen E-Lkw im Betrieb günstiger sein als Dieselfahrzeuge und dabei genauso weit fahren und genauso viel transportieren“, lässt sich der deutsche T&E-Geschäftsführer Sebastian Bock zitieren.

Und das wiederum ist dann ein gutes Zeichen: Ein Gesetz, das die einen als zu lasch, die anderen als zu ambitioniert kritisieren, hat das Potenzial für einen echten Kompromiss.