e-troFit: Umrüstung eines E-Truck

Der E-Umrüstunspezialist e-troFit plant schon ab 2022 den Start eines Seriensatzes. Der zehn Jahre alte Actros soll elektrisch fast neu werden.

Der zehn Jahre alte MB Actros MP3 erhält per Retrofit ein zweites, emissionsfreies Leben - und erspart den CO2-Ausstoß zur Produktion eines Neu-Lkw. | Foto: e-troFit
Der zehn Jahre alte MB Actros MP3 erhält per Retrofit ein zweites, emissionsfreies Leben - und erspart den CO2-Ausstoß zur Produktion eines Neu-Lkw. | Foto: e-troFit
Daniela Kohnen

Der Denkendorfer E-Umrüstuspezialist e-troFit hat nach mehreren Linienbusumbauen jetzt auch einen ersten Truck per Retrofitting elektrifiziert. In einer Kooperation mit der österreichischen Herbert Temmel GmbH Spedition und Logistik ging der der zehn Jahre alte umgerüstete Mercedes Actros MP3 vor eingien Wochen in die Praxiserprobung.

Zur Verwendung kommt ein nach ISO 26262 entwickeltes Elektrifizierungs-Kit, das die höchsten Standards für funktionale Sicherheit der internationalen Automotive Industrie erfüllt, wie der Anbieter mitteilt. Den Eintritt in den LKW-Markt plant e-troFit mit der Produktion weiterer Fahrzeuge bereits für das erste Quartal 2022. Das Pilotprojekt soll dafür Erkenntnisse in der Langzeiterprobung im realen Kundenbetrieb liefern. Temmel sieht man dabei als einen Innovationstreiber im Bereich alternative Antriebe. Der Fuhrpark umfasst rund 140 Fahrzeuge, die im Schnitt pro Tag 60.000 Kilometer zurückgelegen.

„Da die technisch anfälligen Komponenten bei einer Umrüstung entfernt werden - Motor, Getriebe, Abgasregelung- , war es für uns nur logisch, ein gebrauchtes Fahrzeug umzurüsten, sowohl finanziell als auch aus Klimaschutzgründen. Allein die Nicht-Produktion eines weiteren LKW-Chassis spart bereits 37 Tonnen CO2 ein!“, erläutert Temmel Geschäftsführer Martin Treffer.

Erste Erfahrungen hätten reibungslosen Betrieb des Fahrzeuges ergeben. Zudem seien sie Fahrer zufrieden und überrascht von der Performance des Motors und der niedrigen Geräuschkulisse. Der batterieelektrische Antrieb sei für gewisse Einsatzbereiche optimal geeignet und speziell im innerstädtischen Bereich mittelfristig die bessere Wahl, ergänzt Günther Bulla, Transportleiter und Prokurist bei Temmel, die positiven Ausführungen zum Projekt.

"Die geringen Wartungs- und Servicekosten sind natürlich auch ein wesentlicher, positiver Faktor. Aktuell setzen wir das Fahrzeug im Shuttle-Betrieb auf der Kurzstrecke ein – der ideale Einsatzbereich bei unserer Batteriekapazität von lediglich 120 kWh netto“, so Bulla weiter.

Alternativ zu dieser kleinsten erhältlichen Batteriekapazität ist das elektrische Antriebssystem der e-troFit je nach Einsatzszenario auf 240, 300 oder sogar über 700 kWh netto nach oben skalierbar.

„Die bekannten OEM fokussieren sich im Elektromobilitätsbereich aktuell auf schwere LKW mit 40 Tonnen plus x. Mittelschwere Zuladungsgrößen unter 26 Tonnen jedoch werden im Verteilerverkehr eingesetzt und unser modularer Antriebsstrang erlaubt es hier, hoch-energieeffiziente und kostengünstige Lösungen anzubieten“, meint Robert Reisenauer, Leiter Vertrieb und Marketing bei der e-troFit GmbH. Bei einem Shuttlebetrieb mit festen Wegpunkten kann auch die erforderliche Ladeinfrastruktur einfach bereitgestellt werden.

Markt braucht "grüne" und wirtschaftliche Lösungen

Der Markt benötige aus Reisenauers Sicht dringend kosteneffiziente und nachhaltige Lösungen, um die Forderungen der ab August greifenden Clean Vehicles Directive (CVD) erfüllen zu können. Dennoch sollten die Lösungen wirtschaftlich sein. „Vor dem Hintergrund der CVD sollten Transport- und Logistikunternehmen frühzeitig die Planungen für die Umgestaltung ihres Fuhrparks zur Elektromobilität und emissionsfreiem Fahren starten“, betont Reisenauer.

Neue Förderrichtlinie könnte Entwicklung beschleunigen

Begünstigt werde der Wandel zur Elektromobilität von der in Kürze in Deutschland erwarteten neuen Förderrichtlinie des Bundes und der damit verbundenen Gleichstellung der Beschaffung von umgerüsteten Fahrzeugen und Neufahrzeugen. Für eine sichere und zuverlässige Nutzung von Fahrzeugen biete der vom BMVI initiierte Kriterienkatalog mit Mindeststandards eine hilfreiche Unterstützung für Entscheidungen, meint Reisenauer weiter.