Wie eine vor kurzem veröffentlichte Studie der europäischen Umwelt-NGO-Dachorganisation Transport & Environment (T&E) zeigt, sind die Emissionen neuer Lieferwagen seit drei Jahren nicht gesunken. Die Autoren führen das auf die schwache CO2-Zielvorgaben der EU zurück. Die Emissionen der deutschen Hersteller MAN und Daimler lägen unverändert, jene bei Volkswagen seien sogar noch gestiegen.
Das stehe in starkem Kontrast zum Markt der Elektroautos, der von den Hersteller forciert worden war. Allerdings nimmt der Lieferverkehr so stark zu, dass die Lieferwagen die in der EU am stärksten wachsende Quelle von Emissionen im Straßenverkehr sind, wie T&E feststellt.
„Bei den Lieferwagen stehen wir vor dem Problem einer gefährlichen Kombination aus steigenden Verkaufszahlen und hohen Emissionen. Die Anfang 2020 in Kraft getretenen Abgasnormen sollten die Lieferwagen eigentlich sauberer machen, aber die Hersteller brauchten kaum etwas zu unternehmen, um sie zu erfüllen“, kritisiert Stef Cornelis, Leiter des Bereichs Frachtverkehr bei Transport & Environment.
Die Zahlen zeigten, dass MAN, Daimler und VW, zusammen mit dem italienischen Hersteller Iveco, die höchsten durchschnittlichen Emissionswerte pro Fahrzeug verzeichneten. Die Emissionen von VW pro gefahrenem Kilometer seien sogar gestiegen. Nur die französischen Hersteller Renault und PSA (Stellantis) hätten die Emissionen ihrer Fahrzeuge spürbar gesenkt, so die Analyse. Dank ehrgeiziger CO2-Grenzwerte für Fahrzeuge hätten Elektroautos letztes Jahr über 13 Prozent der Neuwagenverkäufe in Deutschland ausgemacht, doch bei den Lieferwagen wurden nur drei Prozent elektrisch betriebene verkauft.
Klarer E-Van-Marktführer: StreetScooter
Wenig verwunderlich ist daher, dass die noch immer im Eigentum der Deutschen Post befindliche Tochter StreetScooter aus Aachen, einen Anteil von 40 Prozent an den batteriebetriebenen Elektrolieferwagen in Deutschland einnimmt. Dass das Unternehmen seit 2014 rund 13.000 E-Lieferwagen verkauft hat, werfe die Frage auf, warum die traditionellen Hersteller nicht mehr tun, kommentiert T&E. Mit 8.000 verkauften batterieelektrischen Lieferwagen im Jahr 2020 führe Deutschland den europäischen E-Lieferwagenmarkt an, gefolgt von Frankreich und dem Vereinigten Königreich. Laut T&E gehe das jedoch hauptsächlich auf StreetScooter und nicht auf die angestammten Hersteller zurück.
„Herbert Diess bei VW und Ola Källenius bei Daimler sprechen viel von E-Autos, ignorieren den Lieferwagenmarkt jedoch komplett. Dass sie von StreetScooter abgehängt werden, ist schon absurd“, kritisiert Stef Cornelis.
Der Analyse von T&E zufolge würden die Absatzzahlen von E-Lieferwagen in Europa 2029 bei einem Anteil zwischen zwei und acht Prozent stagnieren, sofern die EU nicht die CO2-Zielvorgaben für Fahrzeuge erhöhe. Dabei sei der Besitz und Betrieb kleiner E-Lieferwagen schon jetzt günstiger und alle Lieferwagen würden bis 2026 beim Kauf günstiger, wie eine aktuelle Auftragsstudie von T&E zeige.
„Elektrobetriebene Lieferwagen sind ökonomisch sinnvoll. Aber die Lieferwagenhersteller haben keine Anreize, sie zu verkaufen. Das führt zu sinnloser Verschmutzung. Die bevorstehende Änderung der Abgasnormen für Lieferwagen bietet der EU die einzigartige Gelegenheit, die Zielvorgaben zu verschärfen und E-Lieferwagen voranzubringen", appelliert Stef Cornelis an Politik und Branche.
Laut den Berechnungen der NGO sollte der aktuell schwache Zielwert von 2030 auf 2027 vorgezogen werden – was einer Reduktion um 31 Prozent entspricht – und bis 2035 stetig verschärft werden. Das sollte mit einer Zielvorgabe für E-Lieferwagen kombiniert werden, um deren Produktion zu beschleunigen. So könne die EU den Verkauf aller neuen mit fossilem Kraftstoff betriebenen Lieferwagen bis 2035 auslaufen lassen, was für eine komplette Klimaneutralität bis 2050 notwendig sei, wie die Organisation weiter plädiert.
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