Fünf Jahre voraus: Hyundai übergibt erste Fuel-Cell-Trucks in der Schweiz
Der koreanische Automobilhersteller Hyundai Motors hat in der Schweiz die ersten sieben Brennstoffzellen-Lkw vom Typ Xcient FC übergeben. Die 19-Tonner-4x2-Solo-Trucks, die mit Anhänger bis zu 36 Tonnen schwer sein dürfen, verfügen über einen 190-kW-Brennstoffzellenstack, der einen an eine Allison-Automatik gekoppelten 350-kW-Siemens-Elektromotor (3.400 Nm) mit Energie aus grün produziertem Wasserstoff versorgt. Die H2-Tanks fassen 32 Kilogramm, was für eine Reichweite von 400 Kilometer genügen soll. Das entsprach der Anforderung der Erstkunden, so der Hersteller. Die Lkw, die mit den üblichen Fahrerassistenzsystemen wie Auffahrwarner, Spurassistent und Abstandstempomat ausgestattet sind, werden im normalen Flottengeschäft bei Kunden wie Coop oder Migros im Alltag eingesetzt, es handelt sich also nicht um Prototypen, sondern Serienfahrzeuge, wie der Hersteller betont. Bis Ende des Jahres soll die Stückzahl auf 50 Exemplare für den Einsatz in der Schweiz erhöht werden.
Weltweites Ausrollen der Technologie und Infrastruktur
Die Produktion im koreanischen Lkw-Werk des Herstellers für die FC-Trucks soll bis 2021 eine jährliche Kapazität von bis zu 2.000 alternativ angetriebener Trucks erreichen. Das Projekt war schon im vergangenen Jahr gestartet und bildet den Auftakt für eine weitere Expansion in Nordamerika sowie in China mit der Technologie. In den USA baue man bereits an der Infrastruktur und sei mit Partnern aus dem Flottenbereich im Gespräch. In den USA präsentierte man zudem bereits im Oktober 2019 einen Class 8-Truck in Form des HDC-6 Neptun Concept. Eine spezielle 6x4-Sattelzugmaschine ist ebenfalls vorgesehen.
Darüber hinaus arbeitet man an einer Wertschöpfungskette mit Partnern, die von der Herstellung bis zu Tankstelleninfrastruktur reicht. Bis 2030 erwartet man, dass bis zu 12.000 FC-Trucks auf US-Straßen unterwegs sind. In China fokussiert man auf sechs Brennstoffzellen-Hubs in den wichtigsten Industrieregionen und hat drei FC-Truck-Modelle speziell für den chinesischen Markt angekündigt. Ein mittelschwerer Lkw soll hier 2022 auf den Markt kommen, zwei Schwer-Lkw im weiteren Verlauf. Bis 2030 will man im Reich der Mitte 27.000 Brennstoffzellen-Lkw auf den Straßen haben.
Großes Interesse auch von deutschen Kunden
Auch aus Deutschland ist das Interesse dem Vernehmen nach groß. Hier will man laut Mark Freymüller, CEO der Hyundai-Tochter Hyundai Hydrogen Mobility bis zum nächsten Jahr ein serienreifes Fahrzeug präsentieren. Auch gebe es Gespräche mit der deutschen Bundesregierung, die das Thema im Rahmen des Klimaschutzpakets stärker fokussiert. Auch in Österreich, den Niederlanden und Norwegen sei man am Aufbau eines Partnernetzwerks. Bis 2025 sollen in Europa 1.600 FC-Trucks unterwegs sein.
Eine zentrale Rolle spielt aber der Launch in der Schweiz, wo man wesentliche Erfahrungen für die anderen Märkte sammeln will. Die Trucks werden nicht verkauft, sondern im Leasing an die Firmen vergeben, die nach der „pay-per-use“-Methode dafür bezahlen. So nehme man das Risiko für etwaige Ausfälle von den Unternehmen und könne nach einigen Jahren, wenn die Technologie weiter fortgeschritten ist, die Komponenten tauschen. Angesetzt ist der Einsatz für etwa acht Jahre. Für den Start setzt der Hersteller auf eine von den Unternehmen angezeigte Reichweite von 400 Kilometern und Betankung mit 350 bar (ca. 15 Minuten), wofür sich ein „Business Case“ auf dem Niveau von Diesel-Fahrzeugen ergeben soll.
CO2-Besteuerung hilft: Schweiz als idealer Pilotmarkt
Der Schweizer Markt berge dafür allerdings zwei weitere wesentliche Bedingungen, so Freymüller weiter: Der Diesel-Preis liege deutlich höher als sonst in Europa und es gebe bereits eine CO2-Besteuerung. Daher habe man sich auch für den Start in diesem Markt entschieden. Der sogenannte „TCO-Gap“, die Lücke bei den Betriebskosten zum Diesel, der in allen Ländern bisher vorhanden ist, sei in der Schweiz am kleinsten, so Freymüller. Er könne sich aber vorstellen, wenn überall der Regulierungsrahmen angepasst würde, wovon er ausgeht, dass sich die Lücke schneller schließt und der Markthochlauf der Technologie quer über den Kontinent zügig erfolge. An Logistikern sind bisher Coop, Migros, Traveco, Galliker Logistics, Camion Transport, F. Murpf AG and G. Leclerc Transport AG mit von der Partie. Mit diesen Partnern werde zeitgleich auch eine Tankinfrastruktur etabliert.
Um die wesentliche Bedingung zu erfüllen, dass der Wasserstoff auch einen Klimaschutzbeitrag leistet, hat man ein Netzwerk zur Produktion geschaffen, gebündelt im Joint Venture Hyundai Hydrogen Mobility, im Rahmen dessen man mit Hydrospider, einem Zusammenschluss von Alpiq, Linde und H2 Energy, das die gesamte Wertschöpfungskette von der Produktion bis zur Betankung abbildet. Das Tankstellennetz ist derzeit zwar noch relativ klein mit etwa sieben Stationen, wie Marc Freymüller skizziert. Er sieht aber Potenzial und einen „Business Case“ für über 100 H2-Tankpunkte allein in der Schweiz, die nicht nur Trucks, sondern auch Pkw wie den FC-Crossover Nexo des koreanischen Herstellers versorgen könnten.
Transfer-Leistung: Pkw-Antrieb stark modifiziert
Im Hinblick auf den Technologietransfer aus den Pkw – die Fuel-Cell des Xcient besteht aus einem doppelten Nexo-Fuel-Cell-Stack – erklärten die Entwickler des Herstellers, man habe das System für den völlig unterschiedlichen Einsatz im Lkw komplett angepasst und modifiziert. Hier geht es stärker um lange Haltbarkeit und Laufleistung, man trage dem Rechnung.
Weitere Varianten des Xcient FC sind bereits angekündigt. So soll es auch eine 4x2-Sattelzugmaschine sowie einen 6x2-Fahrgestell-Truck geben, kombiniert mit zwei 200-kW-Brennstoffzellen-Stacks. Der 44-Tonner-Sattelzug soll dann über ein Tanksystem mit einer Reichweite bis 1.000 Kilometer verfügen. Hier hängt vieles von den lokalen Längenbeschränkungen ab, nicht vom Speicher selbst. Das sei technisch kein Problem, sondern eine Frage des „Business Case“, erklärt Hyundai-Entwickler Maik Ziegler. Auch die Umsetzung von 700 bar Tankdruck, wie man es beim Nexo realisiere, sei generell kein Problem von der Fahrzeugseite. Allerdings sei die Tankinfrastruktur so viel deutlich teurer, dass sich das im Augenblick noch nicht rentiere.
Noch nicht spruchreif: Flüssiger Wasserstoff
Ebenso wenig spruchreif sei die Technologie der Verflüssigung von Wasserstoff. Diese hatte jüngst Daimler für seinen ab Mitte-Ende des Jahrzehnts avisierten Fuel-Cell-Truck favorisiert. Die Hyundai-Entwickler halten die Technologie aber noch für deutlich zu teuer und den Energieeinsatz für die Verflüssigung für deutlich zu hoch. Es sei im Moment nicht möglich, Wasserstoff auf „grüner Basis“ zu verflüssigen, so die Aussage.
Hyundai warnt vor "leeren Versprechungen"
Die Ankündigungen von Wettbewerbern wie Daimler, Nikola, Hyzon oder Quantron, zeitnah mit Fuel-Cell-Trucks starten zu wollen, wollte der Hersteller nicht kommentieren. Maik Ziegler sieht die Koreaner aber fünf Jahre in Front bei der Industrialisierung der Technologie und warnte vor bloßen Versprechungen. Nur ein japanischer Anbieter verfüge über eine taugliche Fuel-Cell. Man begrüße aber, dass auch andere Hersteller das Thema für sich entdeckten und den Einstieg in die Technologie damit beschleunigten. Hyundai-Chef Cheol Lee betonte, es gebe derzeit keine Kooperationen mit anderen Herstellern, die man durchaus geprüft habe. Er sieht den Einstieg in die H2-Technologie bei Trucks nicht nur als neues Geschäftsfeld, sondern als Auftrag, eine emissionsfreie Zukunft im Transport zu gestalten. Aus seiner Sicht werde die Brennstoffzelle in Nutzfahrzeuganwendungen den Diesel zukünftig ersetzen. „Wir schlagen nicht nur ein neues Kapitel in unsere Wasserstoff-Strategie auf, sondern auch für die globale Gesellschaft, Wasserstoff als Quelle sauberer Energie zu nutzen“, erklärte Lee. Er sehe hier noch unzählige von weiteren Anwendungen.
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