Drohnen erobern die Transportbranche: Effizienz und Nachhaltigkeit im Fokus

In Nürnberg präsentierte der damalige Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer einst ein Drohnen-Taxi – schlicht ignorierend, dass dies kaum den Stand einer Designstudie erreicht hatte. Fast genau fünf Jahre später gehören Drohnen zwar noch immer nicht zum Alltag – weder in der Personenbeförderung noch in der Transportbranche. Dennoch lässt es sich nicht weglächeln, dass sich Traum und Wirklichkeit einander angenähert haben. Gerade in der Transportbranche erobern sich die kleinen Flugobjekte still aber stetig ihre Nischen.

Während DHL den Betrieb seines Paketkopters 2021 eingestellt hat, laufen Projekte in USA, Australien und Finnland weiter. Bild: E-Armins
Während DHL den Betrieb seines Paketkopters 2021 eingestellt hat, laufen Projekte in USA, Australien und Finnland weiter. Bild: E-Armins
Redaktion (allg.)

Der Transport von Gütern ist seit jeher ein wichtiger Grundpfeiler unserer hochgradig globalisierten Welt. Bereits in den frühen Hochkulturen der Menschheitsgeschichte nachweisbar, hat er sich im Zuge der Globalisierung stetig intensiviert – ein Prozess, der sich aller Voraussicht nach auch in Zukunft weiter fortsetzen wird.

Das aber bedeutet immer mehr Güter, mehr und komplexere Transporte. Um das aber alles organisieren zu können, ist es unerlässlich, dass der technische Fortschritt mit der Intensivierung des Güterverkehrs Schritt hält. Lieferdrohnen könnten da eine Rolle spielen.

Sie haben das Potenzial, zumindest in einigen Bereichen der Logistik Spezialaufgaben zu übernehmen. So könnten sie entscheidend dazu beitragen, die Vorteile des modernen Güterverkehrs weiter auszubauen und die Nachteile zu begrenzen.

Beim Transport von medizinischen Gütern wie Blut, Impfstoffen, Medikamenten, Erste-Hilfe-Material und medizinischen Proben sind Drohnen in bestimmten Fällen bereits heute das Transportmittel der Wahl. Die unbemannten Flugobjekte liefern diese lebenswichtigen Güter in entlegene oder sonst schwer zugängliche Gebiete. Bekannte Beispiele sind Lieferungen in Katastrophengebiete.

Medizin – auf dem Luftweg über Hindernisse

Unter anderem kamen sie im USAußengebiet Puerto Rico zum Einsatz, als dieses 2017 und 2022 von Hurrikans heimgesucht wurde. Auch nach Erdbeben in Haiti oder Taiwan übernahmen Drohnen einige der lebenswichtigen Transporte. Dabei geht es nicht nur darum, mögliche Hindernisse zu überwinden, sondern auch darum, medizinische Güter so schnell wie möglich zu den Menschen zu befördern, die sie benötigen. Versuche mit Drohnen haben auch verschiedene Postunternehmen in Deutschland, der Schweiz, Großbritannien, Griechenland, Singapur und Australien durchgeführt.

Sie wollten die Machbarkeit und Wirtschaftlichkeit dieser Art der Postzustellung testen. Auf den schottischen Orkney-Inseln wurde beispielsweise ein entsprechender Versuch gestartet, um Post in abgelegene Gemeinden zu bringen. Bisher erfolgte dort die Zustellung mit einer Fähre und wurde daher oft durch Wettereinflüsse verlangsamt. Drohnen sind im Vergleich dazu deutlich schneller.

Wie Drohnen die CO2-Bilanz aufpolieren

Die griechische Post hat mit dem Drohnen- Frachtunternehmen Dronamics eine Vereinbarung getroffen, um Sendungen noch am selben Tag zuzustellen und den Zugang zu Postdienstleistungen zu erleichtern. Außerdem sollen die Preise sinken.

Auch im Handel wurde schon mit Drohnen- Transporten experimentiert. So haben Google, Amazon, 7-Eleven und Walmart getestet ob und wie die kleine Helferchen die Lieferung von Waren übernehmen können – Google in Australien, Amazon, Walmart und 7-Eleven in den USA.

Wenn sich diese Methode weiter durchsetzt, könnte sie auch die CO2-Bilanz des Sektors verbessern. Darauf weist eine Studie des US-amerikanischen "Lawrence Livermore National Laboratory" (kurz: LLNL) hin.

Sie hat ergeben, dass bei der Zustellung eines kleinen Pakets per Drohne nur rund 0,42 Kilogramm Treibhausgase ausgestoßen werden, während es bei einem Lastwagen rund ein Kilogramm sind. Das ist eine Verbesserung um 58 Prozent. Allerdings variiert dieser Wert laut Studie von Region zu Region.

Die Höhe der Einsparung hängt von der Treibhausgasbilanz des jeweiligen lokalen Stromnetzes ab, über das die Drohnen aufgeladen werden müssen. So hat das Stromnetz im US-Bundesstaat Missouri eine deutlich schlechtere Bilanz als das in Kalifornien.

Ein weiterer Bereich, in dem Drohnen ihre Stärken ausspielen könnten, ist die Versorgung auf hoher See. Entsprechende Tests haben die dänische Reederei Maersk und der Hafen Rotterdam durchgeführt.

Schiffe auf offener See, die normalerweise mit kleinen Booten versorgt werden, wurden stattdessen von Drohnen angeflogen. Angedacht ist, auf diese Weise auch Offshore- Bauwerke mit Notwendigem zu beliefern.

Vor einigen Jahren noch müde belächelt, sind Lieferdrohnen inzwischen weltweit unterwegs. Vor allem medizinische Güter transportieren sie in entlegene Gebiete. | Bild: E-Armins

Vor einigen Jahren noch müde belächelt, sind Lieferdrohnen inzwischen weltweit unterwegs. Vor allem medizinische Güter transportieren sie in entlegene Gebiete. | Bild: E-Armins

Im militärischen Einsatz

Den Einsatz von Drohnen zur Versorgung während militärischer Einsätze erwägt das US-Marinekorps. Ein dafür in Frage kommendes Modell ist in der Lage, automatisch zu einem vordefinierten Ziel zu fliegen und Güter mit einem Gewicht von bis zu 150 Pfund über eine Reichweite von neun Meilen zu transportieren.

Eine Forschungseinrichtung der US-Marine war maßgeblich an der Entwicklung eines weiteren Modells beteiligt, das für den Langstreckentransport von Schiff zu Schiff und von Schiff zu Land konzipiert ist. Es soll auch besonders schwierigen Bedingungen standhalten, etwa bei starkem Wind über offenem Wasser.

Obwohl die Obergrenze für das Gewicht der Fracht bei nur 20 Pfund liegt, kann das UAV Entfernungen von bis zu 25 Meilen am Stück zurücklegen. Am 11. April 2023 kündigte das US-Verteidigungsministerium an, acht Millionen US-Dollar für 21 neue Lieferdrohnen bereitzustellen.

Die neuen Modelle sollen feste Nahrung, Wasser, Munition, Waffen und medizinische Güter liefern. Sie zeichnen sich insbesondere durch ihre geringe Größe aus, so dass eine Drohne problemlos von einer Person getragen werden kann. Das Modell befindet sich derzeit noch in der Entwicklungsphase, soll aber bis 2025 fertiggestellt sein.

Das US-amerikanische Unternehmen Zipline verfügt über das weltweit größte Drohnen-Liefernetz. Es versorgt Krankenhäuser mit medizinischen Hilfsgütern.

Die Drohnen von Zipline bestehen aus drei Hauptkomponenten: einem Schaumstoff- Chassis, Flügeln und einer Batterieeinheit. Zwei Motoren halten die Drohne in der Luft. Die Fracht wird in einem Laderaum verstaut und an ihrem Bestimmungsort mit einem Fallschirm abgeworfen.

2016 schloss Zipline eine Partnerschaft mit der Regierung von Ruanda, um in der Stadt Muhanga ein medizinisches Verteilzentrum zu bauen und zu betreiben. Das ostafrikanische Land hat eine bergige Geografie, schlechte Straßen und eine lange Regenzeit. Aus diesem Grund ist ein Lufttransportsystem kostengünstiger und zuverlässiger als der herkömmliche Straßentransport.

Bis Mai 2018 konnten mehr als 7.000 Blutkonserven und bis Oktober 2020 insgesamt mehr als 70.000 medizinische Lieferungen per Drohne durchgeführt werden. Im Jahr 2020 begann Zipline mit der Auslieferung von medizinischen Gütern im US-Bundesstaat North Carolina. Bis April 2024 hat das Unternehmen mehr als eine Million Lieferungen durchgeführt. In diesem Zeitraum wurden rund 70 Millionen Meilen zurückgelegt und mehr als zehn Millionen Produkte ausgeliefert. Das von X (früher: Google X) gegründete Unternehmen Wing begann im Oktober 2019 mit der kommerziellen Auslieferung per Drohnen in Christiansburg, Virginia.

Transportiert wurden Pakete mit einem Gewicht von bis zu drei Pfund. Bereits im Herbst 2016 wurden so über 1.000 Mahlzeiten an Studentinnen und Studenten sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der technischen Universität in Blacksburg, Virginia geliefert. Wing ist auch in anderen Regionen der Welt, wie den australischen Städten Canberra und Logan sowie der finnischen Hauptstadt Helsinki aktiv und plant, sein Tätigkeitsfeld weiter auszubauen.

Die Drohne der Zukunft: länger, weiter und autonom

Die DHL-Gruppe ist im Dezember 2013 eine Partnerschaft mit dem Hersteller Microdrones eingegangen. Ein entsprechendes Pilotprogramm wurde in Bonn durchgeführt. Dabei wurden Medikamente an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DHL-Zentrale in Deutschland geliefert. Aus diesem Projekt entstand der DHL Paketkopter, der 2014 ebenfalls im Rahmen eines Pilotprojekts zwischen der Nordseeinsel Juist und dem Festland verkehrte. Der Paketkopter konnte bis zu 1,2 Kilogramm Medikamente über eine Distanz von rund zwölf Kilometern in 15 bis 25 Minuten transportieren. Der Betrieb des Paketkopters wurde jedoch im August 2021 eingestellt.

Die technische Entwicklung von Drohnen schreitet stetig voran. Schätzungen besagen, dass die Branche im Jahr 2022 weltweit einen Umsatz von rund acht Milliarden US-Dollar erzielt hat. Bis 2030 soll der Umsatz auf rund 47 Milliarden US-Dollar steigen. Im Zuge des technischen Fortschritts wird beispielsweise versucht, das autonome Fliegen sowie die Batterien, Flugzeiten und Kapazitäten zu verbessern. Auch Drohnen, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten, sind in Planung.

Es ist nicht zu erwarten, dass der weltweite Güterverkehr in Zukunft wieder deutlich abnehmen wird. Seine Existenz und die Ausmaße, die er angenommen hat und noch annehmen wird, sind eine Tatsache, die man zwar nicht grundlegend ändern, aber doch lenken kann.

Dies sollte immer unter dem Leitmotiv geschehen, die Vorteile auszubauen, um die Lebensbedingungen der Menschen weiter zu verbessern, und die Nachteile einzudämmen, um die Lebensbedingungen der Menschen nicht zu verschlechtern. Ein entscheidender Nachteil sind die negativen Auswirkungen auf die Umwelt.

Hier muss eine praktikable Lösung gefunden werden, und wenn dabei auch noch die Effizienz des Güterverkehrs deutlich gesteigert werden kann, umso besser.

Autor

Dieser Artikel erschien in der VISION Transport Ausgabe Sommer 2024