Die CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive) verpflichtet viele Unternehmen, bis spätestens 2026 detaillierte CO2-Daten zu dokumentieren sowie für Audits und Berichterstattungen aufzubereiten. Neben Umsatzzahlen und Produktvorstellungen sind CO2-Daten inzwischen fester Bestandteil der Jahresreports. Zusätzlich stecken die CSR-Beauftragten ambitioniertere Nachhaltigkeitsziele ab.
Allerdings beruhen die Daten oft auf groben Schätzungen und Hochrechnungen und sind damit nur selten valide – dies erschwert die Planung konkreter Maßnahmen zur Dekarbonisierung. Zur Verringerung des eigenen ökologischen Fußabdrucks tätigen Unternehmen heute eher Kompensationszahlungen, statt aktiv Scope-3-Emissionen in der eigenen Lieferkette zu reduzieren. Doch für eine effektive und nachweisbare Reduktion der eigenen Emissionen sollten Unternehmen zunehmend ihre Datengrundlage durch die Erfassung von Primärdaten verbessern – nicht nur intern, sondern entlang der gesamten Supply Chain. Insbesondere Logistikdienstleister erhalten dadurch eine zentrale Rolle als Datenlieferant für die Bilanzen von Großunternehmen.
Die Alternative zur komplizierten und aufwendigen Eigenberechnung von Emissionsdaten sind Lösungsanbieter wie die Datenplattform Shipzero. Diese übernehmen die automatisierte Erfassung aller Treibhausgasausstöße sowie die datenbasierte Fokussierung auf die wichtigsten Handlungsfelder. Die Plattformen ermöglichen die Datenintegration aus diversen Systemen, die Messung und Kalkulation von CO2-Emissionen auf Basis von Primärdaten sowie die automatische Erstellung von Reports für Kunden und Audits.
Lückenlos – aber wie?
Um ein vollständiges und aussagekräftiges Datenbild zu erhalten, müssen verschiedene Daten- und Quellsysteme angezapft und übereinandergelegt werden. Darin liegt oftmals eine größere Hürde als in der eigentlichen Berechnung. Zu den relevanten Datensystemen gehören zum Beispiel TMS, Tankkarten, Flottentelematik oder Energiemanagementsysteme.
Für alle einlaufenden Werte müssen die Funktionalität von Schnittstellen sowie die Qualität der Daten dauerhaft überprüft und gewartet werden. Mit dem Einverständnis von Transportpartnern und Subunternehmern können auch deren ausgewählte Datensätze verknüpft werden. Sie tragen zur besseren Qualität und mehr Genauigkeit bei – was die Erkennung von Reduktionspotenzialen auf beiden Seiten oft erst ermöglicht.
Mehr ist mehr
Es gibt zwei Arten der Emissionsdatenerfassung, die in der Regel kombiniert die sinnvollste Lösung darstellen: der energie- und der aktivitätsbasierte Ansatz.
Die aktivitätsbasierte Berechnung von Emissionen ist deutlich genauer als die einfache statistische Umrechnung mit sogenannten Default-Faktoren (Abb. 1, Level 1). Jedoch gilt: Je mehr Daten vorhanden sind, desto besser die Kalkulation. Wenn ein Logistikunternehmen keine eigene Fahrzeugflotte besitzt, sind die Verbrauchszahlen zunächst unbekannt.
Mithilfe von Daten wie dem Ladungsgewicht, dem Verkehrsträger sowie den wahrscheinlichsten Annahmen zu Fahrzeugtyp, Kraftstoff, Leerfahrten und Routing wird eine präzise Modellierung der Emissionen erstellt. Neben der aufgewendeten Energie für den Transport spielen in den CO2-Fußabdruck auch die Umschlagemissionen ein. Diese können nach dem aktivitätsbasierten Prinzip als Umschlagvolumen angegeben werden, zum Beispiel in Tonnage-, Container- oder Flächennutzungseinheiten.
Unter der energiebasierten Berechnung versteht man die verbrauchsbasierte Arbeit mit Primärdaten (siehe Abb. 1, Level 3). Wenn der Energieumsatz je Verkehrsträger – aus eigener Flotte oder über die Integration des Lösungsanbieters – bekannt ist, kann der chemisch-physikalische Treibhausgasausstoß sehr genau errechnet werden. Im Anschluss kann das Unternehmen mithilfe seines Dienstleisters den Energieeinsatz mit den Auftragsdaten zusammenführen und somit konkrete Emissionen pro Sendung ausweisen. Dabei ist entscheidend, nicht nur die direkt im Fahrzeug umgesetzte Energie zu berücksichtigen.
In die Berechnung fließt außerdem der Energieaufwand zur Erzeugung und Bereitstellung des Kraftstoffs ein. Dies ist zum Beispiel für den elektrifizierten Verkehr von besonderer Bedeutung. Für die Berechnung von Emissionen im Lager könnte nach diesem Prinzip beispielsweise Strom- und Heizenergie aus der Betriebskostenabrechnung einer Logistikimmobilie genutzt werden.
Anschließend folgt die Analyse. Dabei ist es sinnvoll, die Werte detailliert auf einzelne Touren, Niederlassungen, Kunden & Co. herunterzubrechen. Je genauer bei der Datenerhebung gearbeitet wurde, desto aussagekräftiger können die Auswertungen ausfallen. Wo mögliche Reduktionspotenziale identifiziert und angegangen werden können, hängt auch davon ab, ob ein Unternehmen direkten Einfluss auf die Transportdurchführung hat oder nur auf die Planung und den Einkauf der Transportdienstleistung.
Wer ist der richtige Partner?
Der Partner für ein erfolgreiches CO2-Controlling sollte nicht nur einmalig bei der Erfassung von Daten helfen, sondern auch langfristig bei konkreten Dekarbonisierungsprojekten. Ein zentrales Kriterium bei der Wahl des Partners sollte dessen Berechnungsmethodik sein. Hier sollte die Konformität der Methodik mit internationalen Marktstandards, wie dem GLEC (Global Logistics Emissions Council) Framework und der ISO 14083, eine zentrale Rolle spielen.
Idealerweise bietet der passende Partner eine systemunabhängige und direkte Datenintegration an, die den Aufwand des Einpflegens und Aufbereitens minimiert und so IT-Ressourcen schont. Wichtig für ein umfassendes CO2-Controlling ist zudem eine transparente Plattform, die alle Informationen jederzeit für interne Auswertungen verfügbar macht und sich zusätzlich unter höchsten Datenschutzauflagen mit ausgewählten Netzwerkpartnern auf freiwilliger Basis teilen lässt.
Die Beweggründe, Möglichkeiten und Pläne für mehr Nachhaltigkeit und die Erfassung von CO2-Emissionsdaten sind dabei ebenso vielfältig wie die Unternehmenslandschaft. So weist der Expresstransport- und Handling-Spezialist Sovereign Speed mithilfe von Shipzero den Einsatz von Biodiesel für die Reduktion von Emissionen nach. Über eine Datenplattform bindet BLG Logistics als internationaler Logistikdienstleister zentrale Transportpartner im Straßenverkehr ein, um die Möglichkeiten des energiebasierten Trackings über die eigene Flotte hinaus auszubauen. Die Spedition Johs. Martens erstellt präzise CO2-Reportings für die eigenen Kunden und zeigt ihnen dann wiederum Einsparpotenziale auf.
Wo sich Einsparpotenzial findet:
Vergleichsanalyse der Fahrzeugflotte sowie der Stammstrecken: Dabei werden Ausreißer identifiziert und untersucht.
ModalShift: Welche Verkehrsmittel werden genutzt und lassen sich emissionsreduzierende Alternativen finden – zum Beispiel von der Straße auf die Schiene beziehungsweise auf das Binnenschiff?
Konsolidierung: Dies beinhaltet die Vermeidung von Expresssendungen und Leerfahrten und schließt Begegnungsverkehre und Ausnutzung von Restkapazitäten ein.
Einsatz alternativer Kraftstoffe: Dabei geht es um die Elektrifizierung der eigenen Flotte oder die Nutzung von Biokraftstoffen.
Der Autor
Tobias Bohnhoff ist Geschäftsführer von Shipzero. Gemeinsam mit seinem Co-Founder Mirko Schedlbauer entwickelt er die Datenplattform seit 2021 stetig weiter. Zuvor war Bohnhoff als Strategieberater und Head of Market Analytics bei LSP Digital beziehungsweise Statista tätig. Als studierter Geograf (Universität Hamburg) und Innovationsmanager (Steinbeis-Universität, Berlin) hat er sich früh auf die Transformation von Industrien spezialisiert. Er engagiert sich zudem als EU-Klimapakt-Botschafter und stellvertretender Leiter der Region Nord beim KI-Bundesverband.
Dieser Artikel wurde ursprünglich im Magazin VISION TRANSPORT Ausgabe 2023 veröffentlicht.
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