Daimler Trucks hat seinen Actros noch sparsamer gemacht. Nachdem schon die Modellreihe von 2019 ihren Kraftstoffverbrauch im Fernverkehr um bis zu 15 Prozent gegenüber 2011 reduziert hat, legt die neuste Version noch einmal eine Einsparung von drei bis fünf Prozent drauf.
Wie die Daimler Truck AG am 12. Februar auf einer Pressekonferenz in Stuttgart mitteilte, verbraucht die aktuelle Baureihe auf Autobahnen drei Prozent, im Überlandverkehr fünf Prozent weniger als das Vorgängermodell. Neben der verbesserten Tempomat- und Getriebesteuerung Predictive Powertrain Control (PPC) und einer neuen Hinterachsübersetzung sollen aerodynamische Verbesserungen am Fahrerhaus dazu beitragen.
Bei einem aktuellen Frontlenker-Lkw im europäischen Fernverkehrseinsatz werde etwa ein Drittel der mechanischen Energie zur Überwindung des Luftwiderstandes aufgewendet, so der Lkw-Hersteller, der damit die große Bedeutung der Aerodynamik verdeutlichen will. Beim neuen Actros trage alleine die Mirrorcam, die den klassischen Seitenspiegel ersetzt, zu einer Verbrauchsreduktion um 1,5 Prozent bei. Einen weiteren Beitrag leisten die konkaven Endkantenklappen am Fahrerhaus.
Möglich waren die Verbesserungen auch dank des Windkanals der Daimler AG in Untertürkheim. Bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 250 Stundenkilometern nehmen die Ingenieure dort die Umströmungsbedingungen am Truck unter die Lupe. Ziel sei, so Daimler, den cw-Wert – die Windschlüpfrigkeit – der Lkw zu verbessern und damit den Verbrauch zu optimieren.
„Hier werden parallel zur computerbasierten Strömungsberechnung – das ist die digitale Simulation anhand von Computational Fluid Dynamics – Stichprobenversuche unternommen, um die aerodynamische Verbesserung von Konzeptbauteilen zu bestätigen“, erläuterte Michael Hilgers, Leiter CAE Vehicle Functions in der Nutzfahrzeugentwicklung von Mercedes-Benz. Parallel dazu werden die aerodynamischen Maßnahmen dann noch in Straßentests validiert.
Die beste Lösung
Doch stromlinienförmig alleine reicht nicht beim neuen Actros. Das Design muss ebenfalls zum Fahrzeug passen und vor allem den Bedürfnissen des Fahrers entsprechen. „Das Ziel im Entwicklungsprozess eines Lkw ist immer, gemeinsam die beste Lösung zu finden,“ erklärt Kai Sieber, Leiter Design Brands & Operations von Mercedes-Benz. Auch er hatte bei der Entwicklung des neuen Actros ein Wörtchen mitzureden. So geben aus seiner Sicht die Kameraarme der Mirrorcam dem neuen Actros „in seiner Gesamterscheinung eine puristische Prägung“. Optisch sieht er das als eine Bereicherung, denn „der Schwerpunkt des Fahrzeugs wird durch den Wegfall der großen Spiegel nach unten verlagert“. Das unterstreiche die Dynamik und spare Kraftstoff ein.
Mit den Tests im Windkanal hat Daimler lange Erfahrung. Seit 80 Jahren schon gibt es den Windkanal im Werk in Untertürkheim, der erste überhaupt soll es in Europa gewesen sein. Dennoch sei die Anlage nach wie vor auf dem aktuellen Stand der Technik, versichert das Unternehmen. Gezielte Modernisierungen hätten dafür gesorgt. In ihrem Inneren versetzen zwei Gleichstrommotoren mit je 250 kW Leistung das neunflügelige Axialgebläse mit seinen 8,5 Metern Durchmesser in Bewegung – so kräftig, dass sie selbst für Windstärke 17 sorgen können. Dabei werden rund 9.000 Kubikmeter Luft horizontal in einen 125 Meter langen, ringförmigen Kanal bewegt.
Auf der Drehscheibe
Im Testbereich steht das Fahrzeug auf einer Drehscheibe mit zwölf Metern Durchmesser, so dass es dem Windstrom frontal, aber auch in jedem gewünschten Winkel seitlich ausgesetzt werden kann. In die Drehscheibe integriert ist, neben einem Rollenprüfstand, eine Sechs-Komponenten-Waage. Sie dient der genauen Ermittlung zahlreicher Kräfte, darunter der Luftkraft. Die Kräfte werden über Hebel und Gestänge auf Kraftmessdosen übertragen und dadurch auswertbar gemacht.
Um die aus aerodynamischer Sicht beste Platzierung der Kameraarme am neuen Actros zu finden, stellten die Ingenieure auch ihn auf die Waage des Windkanals. Dann testeten sie die verschiedenen Positionen, die in Frage kamen. Und die neuen, konkav geformten Endkantenklappen des Fahrerhauses unterzogen sie einer genauen Betrachtung im Windkanal. Diese sollen ebenfalls dazu beitragen, dass der Lkw weniger Kraftstoff verbraucht, als seine Vorgänger.
Neben einem möglichst geringen Verbrauch haben die Ingenieure bei ihren Versuchen im Windkanal und den CFD-Analysen auch das Thema Schmutzfreihaltung im Blick. Vor allem für sicherheitsrelevante Bereiche wie Front- und Seitenscheiben sowie die Linsen der Kameraarme. Die Aerodynamik hat Einfluss darauf, wie viel Schmutz vom eigenen und von vorausfahrenden Fahrzeugen haften bleibt.ha
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