Alternative Antriebe: „Alles für den Umweltschutz“

Für Michael Wiskirchen, Business Development Manager bei Flow Instruments & Engineering, bietet ein mit LNG betriebener Lkw eine sehr gute Alternative zu den bisherigen Antriebsarten.

Foto: Flow Instruments & Engineering GmbH
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Redaktion (allg.)

Warum LNG?

Michael Wiskirchen: Erdgas im Pkw- Bereich, aber auch für Heizungsanlagen, ist bereits weit verbreitet. Die Vorteile liegen auf der Hand. Umweltfreundlich, sauber und leise sind nur einige davon. Ich denke, dass mittlerweile jeder verstanden hat, dass wir alle Möglichkeiten für den Umweltschutz nutzen müssen. Ideen von Brennstoffzellen im Schwerlastfernverkehr oder in batteriebetriebenen Lkw sind zwar gut gemeint, aber in Europa noch völlig unrealistisch. Das ist auch der Grund für die intensive staatliche Förderung von LNG in ganz Europa.

Was spricht für LNG, also flüssiges Gas im Schwerlastverkehr?

Im Schwerlast-Fernverkehr konnte man lange Zeit die notwendige Menge Gas nicht in einer Zugmaschine mitführen. LNG ist verflüssigtes Gas, und ein Liter Flüssigkeit entspricht etwa 600 Litern gasförmigem Gas. Die notwendigen Reichweiten von über 1.000 Kilometern können so mit einer Tankfüllung problemlos erreicht werden. Daher ist LNG eine sehr gute und umweltfreundliche Alternative zu den bisherigen Antriebsarten.

Wo befinden sich in Deutschland LNGTankstellen?

Wir haben in den vergangenen Jahren bereits zahlreiche LNG-Tankstellen zum Beispiel in Italien, Frankreich, den Benelux- und skandinavischen Ländern und Polen gebaut. Auch in USA und China baut Chart Industries bereits seit vielen Jahren LNG-Tankstellen. Aktuell gibt es jetzt auch endlich in Deutschland eine ganze Reihe an Projekten, und die ersten Tankstellen haben bereits ihren Betrieb aufgenommen.
Im ersten Schritt werden vor allem an Autobahnen und Hauptverkehrsknotenpunkten große Projekte umgesetzt, um die Flächendeckung zu gewährleisten. Damit werden die mehr als 6.000 LNG-Lkw, die derzeit bereits in Europa fahren, zukünftig auch in Deutschland tanken können. Deutschland ist das stärkste Transitland in Europa. Daher fragen uns Kunden aus dem europäischen Ausland auch immer wieder, wo sie mit ihren LNG-Lkw in Deutschland tanken können.

Wie erklären Sie sich, dass in Deutschland der LNG-Lkw bisher nicht sonderlich populär ist?

Ich will nicht auf Projekten wie beispielsweise dem Berliner Flughafen herumreiten, aber aus meiner Sicht sind unsere Bürokratie und der Mangel an Innovationen bei den deutschen Lkw-Herstellern die wesentlichen Faktoren dafür. Konzerne wie Shell und EON mit der Tochter Liqvis haben bereits investiert und unterstützen damit die Entwicklung. Die mittelständischen Unternehmen mit kurzen Entscheidungswegen, wie zum Beispiel Alternoil oder Hoyer Energie, sind jedoch deutlich aktiver bei der Entwicklung eines flächendeckenden Tankstellennetzes in Deutschland.

Mit welchen Kosten muss man für den Aufbau und den Unterhalt der Anlage rechnen?

Eine Frage, die uns natürlich immer wieder gestellt wird. Aktuell gibt es verschiedene Möglichkeiten. Von der unbemannten, teilweise mobilen Tankanlage bis hin zur Integration in eine bestehende Tankstelle gibt es ein breites Spektrum. Investoren in Deutschland profitieren von den Erfahrungen, die wir seit vielen Jahren in anderen europäischen Ländern gesammelt haben. Wir unterstützen unsere Kunden bei der Berechnung der Investitionen und laufenden Kosten. Konkrete Angebote erstellen wir zeitnah und passend zu den konkreten Kundenanforderungen.

Welche Konzepte von LNG-Anlagen gibt es auf dem Markt?

Chart empfiehlt drei Modelle, wie man eine LNG-Tankstelle für Schwerlastfahrzeuge auslegen sollte. Heutzutage ist es durchaus üblich, eine bestehende Tankstelle zu erweitern und dort die L-CNG-Technologie mit LNG- und CNG-Zapfsäule hinzuzufügen. Die zweite Option ist der Bau einer völlig eigenen Tankstelle, um zum Beispiel den Kraftstoffbedarf einer größeren Flotte bedienen zu können. Die dritte Option ist ein kleines multifunktionales Terminal, mit dem die Versorgung von LNG-Schiffen und die Betankung von CNG- und LNGFahrzeugen abgedeckt werden kann. Jede der Optionen ist eine spezifische technische Lösung mit empfohlenen CAPEX- und OPEX-Modellen. Wie bereits erwähnt unterstützt Chart die Betreiber mit technischem und wirtschaftlichem Knowhow für einen optimalen Betrieb der Tankstelle schon in der Startphase.

Gibt es Unterschiede zwischen LNG-Tankstellen und Standardtankstellen?

Ein wesentlicher Unterschied ist der überirdische Lagertank, der durch seine Vakuumisolierung die Temperaturen von minus 160 Grad Celsius kaltem LNG ermöglicht.

Wie lange benötigt man für die Befüllung von LNG-Lkw, und benötigt man spezielle Fähigkeiten?

Die Standardbetankungszeit für LNGFahrzeuge beträgt circa fünf bis sieben Minuten, und der Fahrer sollte geschult werden, da er einige Schutzmaßnahmen beachten muss. Außerdem müssen bei der Betankung Handschuhe und eine Schutzbrille getragen werden.

Kann eine LNG-Tankstelle auch ohne Personal genutzt werden?

Dafür gibt es bereits viele gute Beispiele. Man muss sich jedoch darüber im Klaren sein, dass es speziell in der ersten Zeit durchaus zu Rückfragen von Fahrern kommen kann. Einer der großen Vorteile ist sicherlich, dass der Dispenser „DynaFlow 3000“ von der Flow Instruments GmbH komplett in Deutschland entwickelt und produziert wird. Bei der Entwicklung dieser Zapfsäule waren die wichtigsten Aspekte eine sichere und einfache Bedienung und die möglichst schnelle Betankung.

Welche Kosten muss ich beim Betrieb einer LNG-Tankstelle berücksichtigen?

Aus unserer Erfahrung muss man folgende Eckwerte betrachten: Quelle und Kosten für das LNG, die Anzahl der täglichen Lkw-Betankungen und die Kosten für den Grundbesitz. Wenn diese Kosten bekannt sind, hilft Chart seinen Kunden gerne bei der Berechnung der Gesamtkosten und der Amortisationszeit.

Möchten Sie uns noch eine Prognose oder persönliche Meinung mitgeben?

Wenn ich meinen kleinen Enkel ansehe, ist mir absolut bewusst, dass wir dringend etwas tun müssen, und ich bin stolz darauf, dass wir mit unserer Technologie einen Beitrag für den Umweltschutz und die Zukunft leisten. Deshalb bin ich von LNG überzeugt.

Das Interview führte Torsten Buchholz, Chefredakteur der Zeitung Transport