Herr Minister Hermann, welche Bedeutung haben der Messestandort Karlsruhe und die NUFAM für Baden-Württemberg?
Bereits zum siebten Mal findet die NUFAM als bedeutende deutsche Fachmesse für Nutzfahrzeuge in Karlsruhe statt. Seit 2011 übernimmt das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Schirmherrschaft. Es freut mich außerordentlich, dass die Messe stattfinden kann. Beim ersten persönlichen Treffpunkt der Branche seit Beginn der Corona-Krise können wieder 350 Ausstellende erwartet werden, vier Hallen sowie das Freigelände sind belegt. Das ungebrochene Interesse macht einmal mehr sichtbar, wie groß die Nachfrage an Nutzfahrzeugen nicht nur in Baden-Württemberg ist. Ich fühle mich geehrt, die Schirmherrschaft für eine so erfolgreiche Messe übernehmen zu dürfen. Hier werden gerade auch dieses Jahr viele Innovationen, auch der starken Industrie in Baden-Württemberg präsentiert, die besonders zwei zentrale Themen in den Blick nehmen: Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Die Messe ist somit am Puls der Zeit.
Welche kurz- und mittelfristigen Erwartungen an die Fahrzeugbauenden verbindet der baden-württembergische Verkehrsminister als Schirmherr der Messe mit der NUFAM 2021?
Ich erwarte vor allem eine breite Angebotspalette an Fahrzeugen mit klimaneutralen Antrieben. Wir sehen, dass es vor allem im Bussektor schon viele Hersteller gibt, die batterieelektrische Modelle anbieten. Hier würde ich mich über mehr Impulse im Brennstoffzellenbereich freuen. Bei den Lkw muss sich aber noch mehr tun, denn hier ist das Fahrzeugangebot – ob mit Brennstoffzelle oder Batterieantrieb – noch überschaubar. Zudem sehen wir, dass gerade im Bussektor ausländische Angebote stark in den Markt drängen, weil deutsche Hersteller sich zu lange dem Dieselantrieb verschrieben haben. Deutsche Unternehmen sollten kurz- und mittelfristig eine innovative und klimafreundliche Pionierrolle übernehmen, damit sie in diesem Bereich auch langfristig erfolgreich bleiben.
Welche Einflussmöglichkeiten hat dabei der Verkehrsminister eines Bundeslandes, in dem führende Fahrzeughersteller ansässig sind?
Der Wandel hin zu einem emissionsfreien Verkehrssektor ist eine große Gemeinschaftsaufgabe. Deshalb setzt die Landesregierung bei diesen und anderen Themen der Branche auf einen engen Dialog, wie der erfolgreiche Strategiedialog Automobilwirtschaft in den letzten Jahren gezeigt hat. Als Verkehrsministerium können wir beispielsweise auch die Weichen stellen, dass EU-Vorgaben, wie etwa die CVD (Clean Vehicle Directive), in Baden-Württemberg umgesetzt und eingehalten werden. Auch über Förderprogramme können wir Einfluss darauf nehmen, dass vermehrt emissionsfreie Fahrzeuge auf den Straßen und in den Innenstädten unterwegs sind. Der Wandel hin zu emissionsfreien Antriebsformen wird durch CO2-Bepreisung sicher beschleunigt werden. Bei vielen Unternehmen ist die Anschaffung von Fahrzeugen mit emissionsfreien Antrieben bereits geplant. Die Nachfrage ist da. Jetzt muss noch das Angebot verbessert werden.
Für die Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung und E-Mobilität investiert Baden-Württemberg viel in die Infrastruktur von Testfeldern und unterstützt die Fahrzeugtechnik, Soft- und Hardware-Entwicklung. Gibt es aus der Fülle der Forschungsprojekte für autonomes Fahren, den Einsatz von Oberleitungen und der Förderung der E-Mobilität in Baden-Württemberg aktuelle Ergebnisse zu berichten?
Das erfolgreich abgeschlossene Förderprogramm zum Rechtsabbiegeassistent wird Unfälle mit Radfahrenden, Fußgängern sowie Kundinnen und Kunden deutlich reduzieren. Ein weiteres Förderprojekt zum Aufbau des Testfelds autonomes Fahren wird Ende dieses Jahres abgeschlossen und durch das Fördernehmerkonsortium vorgestellt werden. Außerdem haben wir weitere Forschungs- und Förderprojekte im Land angestoßen. So startete in Friedrichshafen Ende letztes Jahr ein Forschungsprojekt zum autonomen Lieferverkehr. Zudem wurden bislang rund 160 E-Busse sowie 13 E-Lkw gefördert. Aktuell arbeiten wir an einem neuen attraktiven Förderprogramm für E-Nutzfahrzeuge. Wir fördern E-Busse und den Aufbau von Lade- und Wasserstoffinfrastruktur an Betriebshöfen. Das Pilotprojekt eWayBW mit Oberleitungs-Hybrid-Lkw im badischen Murgtal läuft nach langer Vorbereitung nun im 24/7-Regelbetrieb.
Hat die Pandemie die Projekte beeinflusst – wenn ja, inwiefern?
Leider hat die Pandemie sich auf unsere Förder- und Pilotprogramme deutlich ausgewirkt. Es kam bei allen vorab genannten Programmen zu zeitlichen Verzögerungen von Produktlieferungen und Umbaumaßnahmen, was zur Folge hatte, dass etwa Fördernehmer eine Verlängerung beantragen mussten oder sich bei eWayBW der Bau der Oberleitung um zwei Monate verzögerte.
Herr Minister, vielen Dank für das Gespräch.
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