Interview mit Winfried Hermann, Minister für Verkehr in Baden-Württemberg

Winfried Hermann, Minister für Verkehr in Baden-Württemberg und Schirmherr der NUFAM 2019, über die Bedeutung neuer Mobilitätskonzepte und die Ziele des Bundeslandes für 2020.

Winfried Hermann, Minister für Verkehr in Baden-Württemberg Foto: SEBASTIAN BERGER/MINISTERIUM FÜR VERKEHR BADEN-WÜRTTEMBERG
Winfried Hermann, Minister für Verkehr in Baden-Württemberg Foto: SEBASTIAN BERGER/MINISTERIUM FÜR VERKEHR BADEN-WÜRTTEMBERG
Redaktion (allg.)

Herr Minister Hermann, welche Bedeutung hat für Sie die Schirmherrschaft der NUFAM 2019?

Winfried Hermann: Die NUFAM ist die führende deutsche Fachmesse für Nutzfahrzeuge und ein wichtiges Schaufenster der Branche. Seit 2011 übernimmt das Verkehrsministerium des Landes Baden-Württemberg die Schirmherrschaft. Das tun wir, weil uns die Funktion der Messe als Trendsetter wichtig ist, um die Themen der Neuen Mobilität voranzubringen. Die Nutzfahrzeugbranche steht mehr denn je vor großen Herausforderungen. Daher möchten wir diese Plattform nutzen, um Innovationen in die Branche hineinzutragen.

Das klare Ziel des Ministeriums für Verkehr ist es, mehr Transporte auf umweltfreundliche Verkehrsträger zu verlagern. Zudem müssen Nutzfahrzeuge so nachhaltig wie möglich unterwegs sein. Hier spielen vor allem drei zentrale Aspekte eine Rolle: Alternative Antriebe, die Automatisierung sowie die Digitalisierung in der Nutzfahrzeugbranche. Wir wollen Baden-Württemberg zum Leitmarkt für Digitalisierung und E- Mobilität entwickeln. Deswegen fördert das Land eine ganze Reihe von Initiativen, zum Beispiel für elektrische Busse, E-Lkw, E-Flottenfahrzeuge und ELastenräder mit insgesamt über 80 Millionen Euro. Die NUFAM stellt eine wichtige Plattform für alle dar, die auf nachhaltige Mobilitätslösungen setzen wollen. Insofern freue ich mich, die Schirmherrschaft für eine solche Messe übernehmen zu dürfen.

Welche Impulse erwarten Sie in diesem Jahr von der Messe für das Land Baden-Württemberg?

Auf der NUFAM 2019 werden dieses Jahr Zwischenergebnisse des Feldversuchs zur Erprobung von 500 Lastwagen mit Abbiegeassistenten in Baden-Württemberg vorgestellt, an dem das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg und mehrere Partner beteiligt sind. Im Sinne der „Vision Zero“ ist das ein Beitrag dazu, die Zahl der tödlichen Verkehrsunfälle möglichst auf null zu verringern.

Berufskraftfahrer wissen, dass brenzlige Situationen beim Rechtsabbiegen immer wieder vorkommen, weshalb die überwiegende Mehrheit der Fahrer auch den Einsatz von Abbiegeassistenten befürwortet. Das gilt auch für die Logistikunternehmen. Bei einer Befragung gaben drei Viertel positive Rückmeldungen. Es wurde vor allem die gesteigerte Verkehrssicherheit als Beweggrund für die Nachrüstung dieses Systems genannt. Das zeigt uns: Die Branche hat verstanden, wie wichtig diese Maßnahme ist. Wir begrüßen es daher, wenn die Abbiegeassistenten im Rahmen der Messe dargestellt so eingehend vorgestellt werden, wie es geplant ist.

Bis 2030 soll der CO2-Ausstoß neuer Busse und Lkw um 30 Prozent gesenkt werden. Wie schätzen Sie die künftige Entwicklung ein?

Das zu erwartende Wachstum im Güterverkehr bedeutet eine große Herausforderung für das Verkehrssystem. Diese Entwicklung stößt an die Leistungsgrenzen der vorhandenen Infrastruktur, die zumindest in Teilbereichen weiteren Zuwachs nicht mehr verkraften kann. Außerdem ist es aus Gründen des Klimaschutzes geboten, Güterverkehr mit möglichst umweltverträglichen Verkehrsträgern abzuwickeln.

Das Verkehrsministerium beschäftigt sich beispielsweise mit synthetischen Kraftstoffe aus regenerativen Energien (reFuels), die vor allem für den Luft-, Schwerlast- und Schiffsverkehr von Bedeutung werden können. Wir brauchen für die Verkehrswende einen intelligenten Mix aus alternativen Antrieben und Kraftstoffen, neuen attraktiven Angeboten, preislichen Steuerungsinstrumenten – und vor allem ein generelles Umdenken.

Ohne strombasierte synthetische Kraftstoffe wird es jedoch nicht gehen. Sie könnten in der Zukunft eine feste Größe im Verkehrswesen werden und zu mehr Klimaschutz beitragen. Wir haben uns vorgenommen, den positiven Trend des steigenden Anteils des kombinierten Verkehrs zu fördern. Der Neubau oder Ausbau von Zugangspunkten an das Schienen- und Wasserstraßennetz in BadenWürttemberg ist zur Verkehrsverlagerung zwingend erforderlich.

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Welche Innovationen erwarten Sie sich von der Messe beim Thema Digitalisierung und Vernetzung?

Wir unterstützen das Vorhaben, mithilfe der digitalen Technologien die Verkehrssteuerung zu einem ineinandergreifenden System weiterzuentwickeln, das die vielfältigen Umwelteffekte des Verkehrs reduziert. Digitalisierung ist ein zentrales Instrument zur Umgestaltung des Mobilitätssystems. In der Vernetzung der Verkehrsträger unterstützen wir technische und organisatorische Innovationen in diesem Feld. Richtig ausgestaltet kann die Digitalisierung eine Schlüsselrolle einnehmen, um steigende Transport- und Mobilitätsbedürfnisse mit weniger Verkehr abzuwickeln.

In welchen Bereichen der Verkehrspolitik sehen Sie aktuell besonderen Handlungsbedarf?

Grundsatz einer modernen Verkehrspolitik muss es sein, Mobilität für alle Menschen zu gewährleisten. Zentrales Ziel ist es, die Transport- und Mobilitätsbedürfnisse in einer umweltverträglichen Weise zu erfüllen. In Zukunft gilt es, einen Verbund aus umweltfreundlichen Verkehrsmitteln aufzubauen, um für den jeweils geplanten Weg und Zweck das beste verfügbare Verkehrsmittel wählen zu können.

Im Zentrum der Güterverkehrspolitik des Landes steht, mehr Transporte weg von der Straße, hin auf die umweltfreundlicheren Verkehrsträger Schiene und das Binnenschiff zu verlagern. Wir wollen den Güterverkehr effizienter, umweltfreundlicher und nachhaltiger gestalten. Dazu bedarf es der Beseitigung von Engpässen im Schienennetz, leistungsfähiger Binnenschifffahrtswege und dem Ausbau des Netzes von Umschlagsanlagen für den kombinierten Verkehr. Aber die Nutzung des kombinierten Verkehrs ist nicht immer möglich.

Deshalb müssen Nutzfahrzeuge so effizient und nachhaltig wie möglich sein. Wichtige Voraussetzungen dafür stellen daher auch die Weiterentwicklung und Förderung alternativer Antriebe dar.

Welche konkreten Projekte sind bezüglich der NUFAM-Themen ab dem nächsten Jahr für das Land Baden-Württemberg vorgesehen?

Derzeit lässt das Landesverkehrsministerium ein Güterverkehrskonzept erarbeiten, welches bis Frühjahr 2020 fertig gestellt wird. Dieses soll unsere Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, um den Güterverkehr effizienter, umweltfreundlicher und nachhaltiger zu gestalten. Problemstellungen werden bewertet bezüglich bestimmter Verkehrsträger wie auch für die Logistikbranche allgemein betrachtet. Zudem werden Prognosen zum Verkehrsaufkommen erstellt, Verlagerungshemmnisse im kombinierten Verkehr betrachtet und alternative Antriebe und Innovationen im Güterverkehr in den Blick genommen. Zudem sind wir dabei, Branchenakteure im Rahmen von Vernetzungsforen zu beteiligen.

Zudem wollen wir eine internetbasierte Informationsplattform zu den Verbindungen des kombinierten Verkehrs in Baden-Württemberg zur Verfügung stellen. Wir tun das mit einem Ziel: Die Handlungsmöglichkeiten zu sondieren und mit der Umsetzung konkreter Maßnahmen so schnell wie möglich zu beginnen.

 

Foto: Sebastian Berger

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Seite 10 | Rubrik Trends + Themen
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