Erdgas ist schon lange eine Erfolgsgeschichte

Pierre Lahutte, Iveco Brand President, über greifbare Alternativen zum Diesel, wie Gas-, Elektro- und Hybridantrieb. Und warum Erdgasbusse für die Marke längst Tagesgeschäft sind.

Pierre Lahutte, Brand President Iveco
Pierre Lahutte, Brand President Iveco
Redaktion (allg.)
Interview

>> Herr Lahutte, Iveco setzt seit Jahren auf Erdgasantrieb als Alternative. Kommt jetzt endlich auch der Durchbruch im Fernverkehr?

Pierre Lahutte: Ja, sicher! Der neue Stralis NP ist unsere Antwort auf Ihre Frage. Wir denken in europäischen Kategorien, da ist Erdgas schon lange eine Erfolgsgeschichte. Fast 15.000 Busse, Transporter und Lkw fahren derzeit unter unserer Marke auf den Straßen. Wir produzieren aber auch Erdgas-Einbaumotoren, die vor allem in den umweltbelasteten Städten Chinas im Busbereich eingebaut werden.

>> Was können Sie als Hersteller tun, um die lückenhafte Infrastruktur beim Thema LNG voranzubringen?

Das ist in der Tat Aufbauarbeit. Wir betreiben den Verkauf von LNG-Trucks als Projektgeschäft zusammen mit dem Kunden und Anbietern des Kraftstoffs. Aufgrund der enormen Reichweite von 1.500 km, die wir mit dem Stralis NP haben, muss aber nicht an jeder Ecke eine Tankstelle sein. Ein spanischer Spediteur fährt bereits die Relation Madrid-Hamburg im Linienverkehr mit einem solchen Lkw. Ihm reichen drei Tankstellen, die er jeweils nach Bedarf anfährt. In Deutschland haben wir gerade mit Liqvis ein Rah- menabkommen unterzeichnet, das den Verkehrsraum Rhein-Ruhr sowohl mit Tankstellen als auch mit 200 Fernver- kehrsfahrzeugen bis 2020 als Modellregion vorsieht. Wir arbeiten natürlich auch mit allen anderen Gasanbietern gerne zusammen. Zudem bauen wir auch in unseren Werken und bei Händlern Tankstellen für LNG. Ulm, Turin und Lyon sind schon in Betrieb, weitere folgen.

>> Mit der Studie „Vision“ zeigte Iveco 2014, wie die Zukunft der Paketbelieferung aussehen könnte. Diesmal blickt die Marke in einem anderen Segment in die Glaskugel. Was sehen die Messebesucher da?

„Zero Impact“ ist natürlich bei uns auch das Thema, also der maximal nachhaltige Umgang mit der Umwelt. Wir haben diesmal in der Tat ein Schwerfahrzeug thematisiert. Wir denken, ein Lkw muss Güter transportieren und nicht Batterien. Daher ist die Elektromobilität absehbar nicht geeignet, große Gewichte über lange Strecken zu transportieren. Wir spielen beim Iveco Z Truck die Vorteile unseres Erdgas-know-hows aus. Bio-Erdgas, z. B. aus Lebensmittelabfällen oder mit Windenergie erzeugt, ist reichlich vorhanden und als CO 2 -neutral eingestuft. Zum anderen ist es aber auch der Lebensraum des Fahrers, den wir in die Zukunft projiziert haben. Das Fahrerhaus entspricht den künftigen Längen- vorgaben und kann bei Stillstand des Trucks nach hinten verlängert werden. Dadurch entsteht ein Wohnraum, sogar mit Dusch- und Kochmöglichkeit, der diesen Namen verdient.

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Automechanika & IAA Transportation: Die Zukunft des Lkw-Verkehrs ist elektrisch.

>> Stichwort Elektroantrieb: Beim Daily gibt es schon eine vollelektrisch angetriebene Version. Verfolgen Sie diesen Weg weiter?

Natürlich. In den Stadtzentren kann der E-Antrieb die Zukunft sein. Über- schaubare Fahrzeuggewichte, geringe Tagesfahrleistungen und reichlich Rekuperationsmöglichkeiten beim Bremsen passen dazu. Das Bedürfnis nach einer leisen und sauberen Umwelt erfüllt der E-Transporter perfekt. Im Personentransport sind die ruckfreie Beschleunigung und die Geräuschlosigkeit zusätzliche Komfortargumente. In Europa sind wir mit mehr als 1.000 Stadtbussen mit E- und Hybridantrieben bereits die Nummer 1. Für den Gütertransport allerdings bleiben Batterien zu schwer und zu teuer. Denken Sie nur an einen Tesla, dessen tonnenschwere Batterien immer noch am Fehlen einer vernünfti- gen Ladeinfrastruktur leiden.

>> Welche Chancen räumen Sie dem Hybridantrieb, also der Kombination Diesel/Erdgas-Elektro ein, wie es die Studie Vision mit dem Dual-Energy-Konzept aufzeigte?

Es kommt immer auf die Transportaufgabe an. Wenn ein Transporteur strengen städtischen Einfahrrestrik- tionen unterliegt und dennoch das Umland bedienen muss, ist Hybrid eine Lösung. Wenn wir „Dual Energy“ diesmal nicht ausstellen, heißt das nicht, dass wir das Konzept verworfen haben. Lediglich die Rahmenbedin- gungen für eine Kommerzialisierung sind derzeit noch nicht gegeben.

>> Wie sieht es bei den Bussen aus?

Iveco ist ja hier mit Erdgas sehr erfolgreich. Geht das auch mit „Zero Emission“? Wir sind auf allen Feldern unterwegs. Erdgasbusse sind für uns Tagesgeschäft, bei Hybridbussen sieht es ähnlich aus. 2015 hat unser Buswerk Annonay, wo die Stadtbusse hergestellt werden, erstmals mehr alternative Antriebe als Dieselantriebe eingebaut. Das sind CNG und Hybrid gleichermaßen. Mit dem GX ELEC unserer Marke Heuliez haben wir in Paris auch vollelektrische Busse im Testlauf.

>> Die Gegenwart heißt immer noch Diesel. Welche Verbesserungen gibt es da, Stichwort TCO 2 -Champion?

Der Dieselmotor hat eine sehr hohe Evolutionsstufe erreicht. Das gilt für den Wirkungsgrad und für die Emissionen. Mit der patentierten Hi-SCR Technologie ohne Abgasrückführung sind wir auch integriert gesehen sehr gut, weil wir nicht über eine Filterregeneration eine Umverteilung der Abgase vornehmen. Mit dem Stralis XP haben wir primär über die Steuerung von Nebenaggregaten und die Integration von elektronischen Systemen, z. B. GPS, einen weiteren Schritt nach vorne gemacht. Das neue Hi-TRONIC-Getriebe ist leichter als der Vorgänger und schaltet wesentlich schneller. Da gäbe es viel mehr aufzuzählen. Wir müssen den Diesel-Lkw bei der Optimierung künftig im Kontext sehen. Das heißt unter Einbeziehung von Telematik, Aerodynamik und Komponenten.

>> Ein USP beim Iveco Daily ist, dass er auch für Euro 6 bis 3,5 Tonnen ohne SCR auskommt. Wie geht das?

Erst einmal muss gesagt werden, daß der 2,3-l-F1A-Motor, so seine Bezeichnung, eine komplette Neuentwicklung ist und unter der Prämisse Effizienz und NO X entworfen wurde. Dann haben wir eine zusätzliche gekühlte Niederdruck-Abgasrückführung. Nach dem Partikelfilter kühlen wir sauberes Abgas und führen es über einen Kühler vor dem Turbo wieder der Verbrennung zu. Als Ergebnis haben wir dann eine niedrigere Eingangstemperatur der Verbrennungsluft und damit weniger NO X -Ausstoß. Das ist zwar etwas aufwendiger, aber der Kunde schätzt in diesem Volumensegment den Vorteil, nur einen Betriebsstoff tanken zu müssen, ganz besonders.

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