Bereits in seiner Zukunftsstudie aus dem Jahr 2016 hatte der Technologiekonzern ZF das Thema „Last-Mile-Logistik“ aufgegriffen und sich mit den Herausforderungen beschäftigt, denen Zusteller auf den letzten Kilometern zum Kunden gegenüberstehen. Nun präsentiert der Konzern mit einem selbstfahrenden Lieferwagen erstmals ein Konzeptfahrzeug für Logistikdienstleister. „Mit unserem Innovation Van haben wir ein umfassendes Lösungspaket für die Anforderungen der Zustellerbranche entwickelt“, sagt Gerhard Gumpoltsberger, Leiter Innovationsprojekte bei ZF. „Um den vielfältigen Herausforderungen des städtischen Lieferverkehrs gerecht zu werden, bringen wir unser gesamtes Kompetenzspektrum zum Einsatz – vom autonomen Fahren über die Elektromobilität bis hin zur Vernetzung in einem smarten Support- System.“
Der Innovation Van ist mit autonomen Fahrfunktionen nach Level 4 ausgestattet. Das bedeutet, der Lieferwagen manövriert eigenständig durch das urbane Umfeld, hält die Spur auch bei Straßen ohne Fahrbahnmarkierungen, erkennt Ampeln ebenso wie Verkehrszeichen und reagiert auf plötzliche Gefahrensituationen. Darüber hinaus kann er Hindernisse, wie beispielsweise in zweiter Reihe geparkte Fahrzeuge erkennen und umfahren.
Für Paketboten besonders hilfreich ist die Fernsteuerung via Tablet: Sind zwei Adressen so nah beieinander, dass sich die Strecke besser zu Fuß bewältigen lässt, folgt das Fahrzeug dem Zusteller wie an einer virtuellen Leine. Findet sich vor einer Adresse kein Parkplatz, kann der Paketbote das Fahrzeug zum nächsten Stopp vorausschicken, wo es selbstständig eine Haltemöglichkeit sucht.
Das dazu nötige ZF-Sensorset besteht aus Kamera-, Radar- und Lidarsensoren. Es sorgt dafür, dass der Lieferwagen seine Umgebung jederzeit vollumfänglich wahrnimmt. Der Zentralcomputer ZF ProAI übernimmt die Steuerung, verarbeitet die von den Sensoren generierten Daten und lässt das Fahrzeug auch auf komplexe Situationen angemessen reagieren. Zuletzt setzen intelligente mechatronische Systeme, wie die elektrische Servolenkung und das integrierte Bremssystem IBC die Anweisungen des Zentralcomputers um. Für den rein elektrischen und damit lokal emissionsfreien Antrieb sorgt das elektrische Achsantriebssystem für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge.
Um jederzeit die effizienteste Zustellroute finden zu können, greift der Innovation Van auf ein cloudbasiertes Support-System zu, in dem für jedes geladene Päckchen Daten, wie der Zustellort und die gewünschte Lieferzeit, aber auch zusätzliche Informationen, wie beispielsweise die Haltbarkeit bei verderblicher Ware hinterlegt sind. „Daraus berechnet der Algorithmus unter Berücksichtigung von Parametern, wie Verkehrslage oder Energieverbrauch in Echtzeit die optimale Zustellreihenfolge“, erklärt Projektleiter Georg Mihatsch. „Das Päckchen sucht sich quasi selbst den besten Weg zum Empfänger – und das Fahrzeug folgt.“ Der Paketbote erhält diese Informationen über eine Mixed-Reality-Datenbrille. So sind alle relevanten Angaben im Blick.
Auch der Empfänger soll vom Support-System in der Cloud profitieren: Über eine App hat er nicht nur die Möglichkeit, den Weg seiner Sendung nachzuverfolgen, sondern auch kurzfristig die Zustelldaten zu ändern. Damit kann ein Päckchen jederzeit bequem zu einem bestimmten Nachbarn umgeleitet oder die Lieferzeit um eine Stunde nach hinten verschoben werden, falls unerwartet etwas dazwischenkommt. Dieser Komfort-Gewinn soll auch dem Paketboten zugutekommen: Anstatt vergeblich an der Klingel zu warten und im Zweifelsfall ein zweites Mal vorbeikommen zu müssen, kann er in dieser Zeit schon weiterfahren zum nächsten Empfänger.
IAA aktuell; Halle 17, Stand B17
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