Vom Achsen hersteller zum Systempartner: Interview mit Carlo Lazzarini, BPW

Carlo Lazzarini, Mitglied der Geschäftsleitung und verantwortlich für den Vertrieb Trailerequipment & Solutions bei BPW, zum Angebot eines hauseigenen E-Antriebs für leichte Lkw und neue Anforderungen an den Achsenhersteller.

Carlo Lazzarini, Mitglied der Geschäftsleitung BPW
Carlo Lazzarini, Mitglied der Geschäftsleitung BPW
Redaktion (allg.)
INTERVIEW

Herr Lazzarini, die vielfach preisgekrönte, elektrische Direktantriebsachse für Nutzfahrzeuge zwischen 5,5 und 26 Tonnen Gesamtgewicht war vor zwei Jahren noch ein Prototyp, jetzt ist sie serienreif. Wie geht es jetzt weiter?

Carlo Lazzarini: Erste umgerüstete Fahrzeuge sind bereits auf den Straßen unterwegs, wie zum Beispiel ein kommunales Fahrzeug der Stadt Wiehl. Was unsere Kunden vor allem überzeugt, ist unser radikal neues Konzept, den Motor in die Achse zu integrieren: Das Fahrzeug wird durch den Umbau nicht schwerer, weil das Gewicht der Fahrzeugbatterien durch den Entfall von Motor, Getriebe und Abgasreinigung kompensiert wird. Die Elektrifizierung macht das Fahrzeug sogar agiler: Das Drehmoment legt deutlich zu, die Räder können einzeln angesteuert werden. Daneben verringert sich der Wendekreis durch „active steering control“ der Hinterachse.

Noch vor Ablauf dieses Jahres werden wir mit unserem Partner Paul Nutzfahrzeuge serienmäßig gebrauchte Dieselfahrzeuge des Typs Mercedes Benz Vario mit der elektrischen Achse eTransport ausrüsten. Hier sehen wir für die nächsten zwei bis drei Jahre ein gutes Potenzial, da es im Bereich zwischen 7,5 und 26 Tonnen Gesamtgewicht kaum ein elektrifiziertes Angebot gibt. Aufgrund seiner Robustheit und technischen Voraussetzungen ist der MB Vario auch nach seinem offiziellen Produktionsende eine der gebräuchlichsten Plattformen für Nutz- und Spezialfahrzeuge von Kommunen, Polizei und Bundeswehr, aber auch von vielen kommerziellen Unternehmen.

Wie lässt sich aus BPW-Sicht an Trailer-Achsen abzuschöpfende Brems-Energie speichern und rekuperativ nutzen?

BPW beschäftigt sich bereits seit einigen Jahren mit Lösungen zur Rekuperation bei Verzögerungsvorgängen. Für Trailer gibt es allerdings bislang noch gesetzliche Beschränkungen, die eine Verwendung der so gewonnenen Energie zur Unterstützung des Antriebs unterbinden. Aus diesem Grund nutzen wir in unserer Studie ePower aktuell die elektrische Energie zur Versorgung des Kühlaggregats bei Kühlfahrzeugen. Auch bei einem Rekuperations-System ist es uns wichtig, dass die Wirtschaftlichkeit für den Anwender gegeben ist und sich eine Investition für ihn relativ schnell rechnet.

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BPW entwickelt sich zusehends zu einem Systemanbieter. Sehen sie in eigentlich „achsfremden“ Themen noch weiteres Potenzial und Diversifizierung?

Wir haben uns schon lange vom Achsenhersteller zum Systempartner für Fahrzeughersteller und Mobilitätspartner für Fahrzeugbetreiber weiterentwickelt, was unser Claim „We think transport“ sehr treffend auf den Punkt bringt. Durch die Digitalisierung und das Internet der Dinge wird künftig alles miteinander vernetzt sein: Waren, Fahrzeuge, Fahrzeugkomponenten inklusive Achsen und Bremsen, Transportprozesse, Menschen. Seit elf Jahren sammeln wir beispielsweise Erfahrung im Bereich EBPMS, also einem Elektronic Brake Performance Monitoring System. Die Nominierung für den Trailer Innovationspreis und den Telematik Award bestätigt uns darin, dass das Timing dafür jetzt genau richtig ist. Mit unserer jüngsten Neuheit, einer intelligenten Ladungssicherung, rücken wir jetzt einer der Hauptursachen für Transportschäden und Unfällen zu Leibe: Ein sensierter Spanngurt kontrolliert und dokumentiert seine Spannung. Davon versprechen wir uns massive Sicherheits- und Einspareffekte für Transporte.

Welche Potenziale bietet die Achsentwicklung für die Zukunft auch in Hinsicht auf Haltbarkeit, Korrosionsschutz und Sensorik für Naben und Reifen?

Mit Hilfe von Sensorik an Bremsen, Wheel-Ends und Reifen lassen sich viele im produktiven Einsatz entstehende Probleme rechtzeitig erkennen und melden. So misst der neue Bremsbelagverschleiß-Sensor von BPW neben der Belagstärke auch die Beweglichkeit des Bremssattels und das Lüftspiel und meldet Probleme über die Trailer-Telematik TC Trailer Gateway an den Disponenten und per DriverApp auch direkt an den Fahrer. So wird eine rechtzeitige Wartung oder Reparatur möglich, bevor ein größerer Schaden entsteht.

Vor zwei Jahren zeigte BPW eine sehr clevere Lösung zur Prüfung und gleichzeitigen Aufrechterhaltung des Reifendrucks per Naben-Pumpe. Was ist aus dieser hoch interessanten Entwicklung geworden?

Mit dem Prototypen AirSave haben wir in der Tat zur IAA 2016 sehr viel Aufmerksamkeit erregt. Allerdings hat sich im Zuge der Serienvorbereitung herausgestellt, dass wir unsere ehrgeizigen Kostenziele nicht erreichen konnten. Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an einer alternativen Lösung.

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Seite 15 | Rubrik Aktuelles
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