„Es gibt keine Universallösungen“: Interview mit Claes Nilsson, Präsident von Volvo Trucks
Bei Volvo Trucks läuft gerade die Serienproduktion eines vollelektrischen Lkw für Verteileraufgaben an. Welche tatsächlichen Marktchancen sehen Sie für den elektrischen Lkw?
Claes Nilsson: Wir wissen, dass wir Teil des Problems sind, aber wir möchten auch Teil der Lösung sein. Volvo Trucks verfolgt das Ziel „null Emissionen“, und die Elektromobilität ist ein wichtiges Mittel zur Verbesserung unserer Umweltbilanz. Volvo Trucks ist die weltweit führende Marke bei der Vermarktung elektrischer Lkw.
Unserer Meinung nach haben vollelektrische Lkw echte Marktchancen, was städtische Aufgaben betrifft. Ferner erwarten wir, dass sich die Wirtschaftlichkeit in den kommenden Jahren weiter verbessern wird. Zudem beobachten wir derzeit ein beachtliches Interesse an elektrischen Lkw.
Mehrere Aspekte sprechen eindeutig für elektrische Lkw. Dank reinerer Luft und weniger Lärm in der Stadt lassen sich Wohnungsbau- und Infrastrukturmaßnahmen freier planen, als dies gegenwärtig der Fall ist. Elektrisch angetriebene Lkw, die keinerlei Abgasemissionen ausstoßen, eignen sich für Indoor-Terminals und Umweltzonen. Dank ihres niedrigen Geräuschpegels können sie mehr Arbeit bei Nacht verrichten und auf diese Weise das Verkehrsaufkommen am Tag reduzieren. Dies wird auch zu mehr Verkehrssicherheit beitragen, da in den Stoßzeiten weniger Lkw auf den Straßen unterwegs sein werden.
Schon heute verfügt die Volvo Group über große Kompetenz und Erfahrung, denn mittlerweile sind mehr als 4.000 vollelektrische und Hybridbusse von Volvo im Einsatz. Die dort gewonnenen Erkenntnisse kommen uns bei der jetzigen Einführung vollelektrischer Lkw durchaus zugute. Die Entwicklung im Bereich Batterietechnologie schreitet mit Riesenschritten voran. Wir beobachten große Verbesserungen, was die Zunahme der Batteriekapazität und die Verkürzung der Ladedauer betrifft. Die Batteriekosten sinken, was auf verbesserte Fertigungsverfahren, längere Haltbarkeit und höhere Produktionsstückzahlen zurückzuführen ist. Gleichzeitig arbeiten die Infrastrukturanbieter und Energieversorger am Ausbau der Infrastruktur. Auf staatlicher Seite wurden verschiedene Anreize ins Leben gerufen, die elektrische Lkw für Käufer interessanter machen sollen. Hinzu kommt, dass immer mehr Städte konkrete Fahrverbote für Lkw mit Verbrennungsmotoren erlassen.
Wie beurteilen Sie die Chancen der Elektromobilität im Lkw-Fernverkehr?
Wichtig ist zu betonen, dass es nach unserem Dafürhalten keine Universallösung für alle Transportaufgaben gibt. Vielmehr bedarf es unterschiedlicher Lösungen, die von der Infrastruktur, den Transportanforderungen und der ökologischen Machbarkeit abhängen. Wir nutzen die besten verfügbaren Technologien und Kraftstoffe für unterschiedliche Aufgaben, um die Umweltbelastung und die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu verringern. Für den Regional- und Fernverkehr haben wir Flüssiggasvarianten des Volvo FM und Volvo FH auf den Markt gebracht, die eine wettbewerbsfähige Lösung darstellen, wenn es darum geht, den CO2-Ausstoß hier und jetzt deutlich zu reduzieren.
Was das Thema Elektromobilität betrifft, arbeiten wir permanent an der Ausweitung unseres Sortiments an vollelektrischen und elektrifizierten Lkw. Anfang des Jahres haben wir die ersten Modelle für städtische Transportaufgaben vorgestellt. Der Verkauf beginnt 2019. Im Zuge der Entwicklung der Batterietechnologie werden elektrische oder elektrifizierte Lkw für den Fernverkehr eines Tages realistischer sein. Das genaue Tempo der Gesamtentwicklung lässt sich schwer vorhersagen. In naher Zukunft können wir Ihnen mehr über unsere Pläne bezüglich elektrisch angetriebener Lkw für den Schwerlastverkehr sagen.
Welche Zukunftsstrategien verfolgt Volvo Trucks auf dem Gebiet der Elektromobilität?
Volvo Trucks legt Wert darauf, den Übergang zur Elektromobilität leicht und nachhaltig zu gestalten. Um den Übergang sicher und reibungslos zu gestalten, werden wir ganzheitliche Lösungen anbieten, die auf den spezifischen Bedürfnissen des jeweiligen Kunden beruhen, was Fahrprofile, Nutzlasten, Verfügbarkeit, Reichweite und andere Parameter betrifft. Solche Lösungen können zahlreiche Aspekte umfassen – von der Streckenanalyse über die Batterieoptimierung bis hin zu Service und Finanzierung. Volvo Trucks arbeitet eng mit verschiedenen Anbietern von Ladestationen zusammen. Wie immer besteht das Ziel darin, den Kunden zu maximaler Mobilität und Produktivität zu verhelfen.
Wir wissen aus Erfahrung, wie wichtig es ist, dass Städte, Energieversorger und Fahrzeughersteller an einem Strang ziehen, damit die Elektrifizierung im großen Maßstab gelingt. Attraktive Anreize, gemeinsame Standards und eine langfristige Strategie für die Stadtplanung und den Ausbau der Ladeinfrastruktur können den Prozess deutlich beschleunigen.
Wir sind der Ansicht, dass die Elektrifizierung des Transportsektors im Gesamtzusammenhang gesehen werden muss, damit die permanenten Herausforderungen auf dem Gebiet der Stromerzeugung und der Batterieherstellung etc. bewältigt werden können. Um beispielsweise zu gewährleisten, dass die Rohstoffe für Batterien verantwortungsbewusst gefördert werden, arbeitet die Volvo Group mit dem Netzwerk „Drive Sustainably“ zusammen, das diesen Aspekt überwacht. Zudem wirkt die Volvo Group an verschiedenen Projekten mit, bei denen Batterien aus elektrisch angetriebenen Nutzfahrzeugen als Energiespeicher wiederverwendet werden. Noch sind nicht alle Fragen zum Umgang mit Batterien gelöst, aber wir arbeiten sowohl intern als auch gemeinsam mit anderen Akteuren daran, die Entwicklung voranzutreiben und die nötigen Lösungen zu finden.
KRONE mit innovativen Produkten für Transport und Laderaum auf der NUFAM
Volvo Trucks gehört zu den Pionieren beim autonomen Fahren. Wie ist der Stand der aktuellen Entwicklung? Was haben Sie für die Zukunft geplant?
Der Transportbedarf in aller Welt nimmt permanent zu. Gleichzeitig mangelt es an Lkw-Fahrern, und dieser Mangel wird sich in Zukunft verschärfen. Wir glauben, dass selbstfahrende Lkw für bestimmte Aufgaben geeignet sind, doch im Güterverkehr auf der Straße erwarten wir einen höheren Automationsgrad vor allem in Gestalt von Funktionen, die den Fahrer bei seiner Arbeit unterstützen und zu mehr Sicherheit und niedrigerem Verbrauch beitragen.
Auf dem Gebiet der Lkw-Automation haben wir verschiedene Studien vorgestellt, zum Beispiel den selbstfahrenden Volvo FMX für den Bergbau, den selbstfahrenden Volvo FM für die Abfallwirtschaft und den selbstlenkenden Volvo VM für die Zuckerrohrernte. Volvo Trucks hat eine klare Vorstellung davon, wie die Automation die Branche verändern und neue Chancen zur Bewältigung aktueller und künftiger Herausforderungen eröffnen wird.
Im Mittelpunkt unserer Beschäftigung mit dem Thema Automation stehen der Mensch und die Sicherheit. Wir sind fest davon überzeugt, dass die Automation dem Fahrer Vorteile bringt, und möchten betonen, dass Automationstechnologie den Beruf des Lkw-Fahrers in Zukunft verbessern wird. Wir nutzen Automationstechnologie zur Verbesserung der Verkehrssicherheit, der Produktivität und der Kraftstoff- und Energieeffizienz zum Wohle von Kunden, Fahrern und der Allgemeinheit.
Je nach Transportart werden unterschiedliche Automationsgrade erforderlich sein. Der konkrete Bedarf richtet sich danach, ob es um Fernverkehrsaufgaben, städtischen Verteilerverkehr oder den Einsatz in geschlossenen Bereichen, wie Bergwerken oder Hafenanlagen geht.
Die Lkw-Baureihe FH ist in diesem Jahr 25 Jahre alt geworden. Welche aktuellen Neuerungen beim FH sind hier in Hannover zu sehen?
Auf der IAA in Hannover werden wir unsere neue Volvo FH 25 Year Edition präsentieren, die mit einem attraktiven Äußeren und einer besonderen Innenraumausstattung aufwartet. Als vor 25 Jahren der erste Volvo FH vom Band lief, war dies ein Meilenstein für die gesamte Branche. Seitdem hat sich der Volvo FH unzählige Male als leistungsstarkes Arbeitsgerät bewährt, und Volvo Trucks hat ihn immer weiter optimiert. Seit seiner Einführung wurde das Fahrzeug beinahe eine Million Mal verkauft.
Des Weiteren werden wir die neuen Funktionen von Volvo Dynamic Steering vorstellen. Zum ersten Mal werden wir Volvo Connect vorführen. Volvo Connect ist ein neues Kundenportal, das als singuläres Interface für digitale Dienste fungiert und es Volvo-Trucks-Kunden noch leichter macht, von den Vorzügen der Digitalisierung und Vernetzung zu profitieren. Außerdem informieren wir auf der IAA über Volvo Connected Safety, eine Cloud-basierte Lösung, mit der wir Informationen über gefährliche Verkehrssituationen in Echtzeit mit der Volvo Car Corporation austauschen. Diese Zusammenarbeit ist einmalig in der Branche.
Auf der IAA 2018 werden weitere bahnbrechende Innovationen präsentiert, über die ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht mehr sagen kann. Ein Besuch im Ausstellungsbereich von Volvo Trucks lohnt sich auf jeden Fall.
Wie wird es mit dem FH weitergehen?
Es gibt so viele Möglichkeiten für fantastische Verbesserungen. Wir werden sie alle ausloten, damit der Volvo FH Fahrers Liebling bleibt und auch weiterhin Profit für unsere Kunden erwirtschaftet. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber so viel steht fest: Die kommenden Jahre werden noch spannender als die ersten fünfundzwanzig.
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